Seit bald 15 Jahren währt der Kampf um den Heumarkt in Wien.
Umstrittenes Siegerprojekt
Damals wurde beschlossen, das etwa 1,55 Hektar große Areal, wo sich derzeit das Hotel Intercontinental befindet, neu zu bebauen. 2012 wurde ein kooperatives Verfahren eingeleitet, 2013 dann ein zweistufiger internationaler Wettbewerb ausgeschrieben, der bis heute undurchsichtig erscheint.
Gewonnen hat der Entwurf des brasilianischen Architekten Isay Weinfeld. Demnach soll eine Gebäudescheibe entstehen, weiters ein 66 Meter hoher Turm und ein verbindender Sockel – ein Gebäudemonster, wie die Bürgerinitiative „Allianz for Nature“ nicht müde wird zu betonen.
Reingewinn von mehr als 430 Millionen Euro
Doch ein sehr lukratives Monster. Denn wie der Immobiliensachverständige Christian Lippert bereits 2017 errechnete, darf der Investor mit einen Reingewinn von – 2017 (!) – mindestens 430 Millionen Euro rechnen. Lippert hielt aber auch einen Profit von mehr als eine Milliarde Euro für möglich.
Gefälligkeitswidmung 2017
Dafür müssen auch die Wiener tief in die Tasche greifen. Denn das „Siegerprojekt“, das der Investor Michael Tojner umsetzen will, erfordert massive Straßenraumveränderungen. So muss die Fläche, wo derzeit der Wiener Eislaufverein seinem Betrieb nachgeht, gedreht und in den öffentlichen Straßenraum erweitert werden.
Alles ermöglicht durch einen rot-grünen Beschluss im Wiener Gemeinderat 2017, wo der Flächenwidmungsplan entsprechend den Wünschen des Investors geändert wurde.
UNESCO droht mit Prädikatsverlust
Auch weigert sich die Stadt Wien beharrlich, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchführen zu lassen. Das Gebäude hätte keine großen Auswirkungen.
Das sieht die UNESCO anders. Sie droht Wien die Aberkennung des für den Tourismus wichtigen Prädikats „Weltkulturerbe“, weil der Turm viel zu hoch ist. Inzwischen hat man die geplante Höhe des umstrittenen Turms um sieben Meter reduziert – lächerlich, findet auch die UNESCO, und mehr als zwanzig Meter höher als die Hochhausgrenze der Wiener Bauordnung.
Umstrittenes „Commitment“
Doch wie konnte ein solcher Entwurf, der einen maximalen Profit bei billiger Architektur bietet, überhaupt den ausgeschriebenen Wettbewerb gewinnen? Einmal mehr muss auf das sogenannte „Commitment“ hingewiesen werden. Mit diesem hatte die Stadt Wien schon vor der umstrittenen Flächenwidmung mit ihrer Steigerung der zulässigen Gebäudehöhen Tojner quasi einen General-Persilschein ausgestellt, mit dem er auf dem Areal des Hotel Intercontinental das Monstergebäude einschließlich Luxuswohnhaus bauen darf. Doch keiner weiß, wann dem Investor das Versprechen gegeben wurde – und warum.
Aufschub bis 2027
Sämtliche Gremien – Gemeinderat, Magistratsabteilungen, Volksanwaltschaft, Gutachter, Wettbewerbsjury, ICOMOS Österreich etc. – verteidigen seither den geplanten Monsterbau.
Doch der muss zumindest bis 2027 weiter warten. Denn obwohl der Investor bereits medial seinen Unmut über die ständigen Verzögerungen geäußert hat, hat die Stadt Wien für die nächsten drei Sommer eine Basketballveranstaltung auf dem Areal genehmigt.
Zeit für Untersuchungen
Zeit, den undurchsichtigen Hintergründen, der mutmaßlichen Manipulation des Wettbewerbs und vor allem dem nicht erst seit der Affäre Chorherr im Raum stehender Korruptionsverdacht auf den Grund zu gehen.