Nach demokratischer Entscheidung: Die ÖVP-Niederösterreich ist in Aufruhr, weil die SPÖ einen Freiheitlichen zum Bürgermeister macht.

24. Feber 2020 / 11:46 Uhr

Freiheitlicher wird Bürgermeister in Bad Großpertholz, ÖVP tobt

Katerstimmung bei der ÖVP in der niederösterreichischen 1.300-Einwohner-Gemeinde Bad Großpertholz (Waldviertel, Bezirk Gmünd). Nach einem Wahldebakel und dem Verlust der absoluten Mehrheit ist man dort jetzt auch noch den Bürgermeistersessel los. Ein weiterer Tiefschlag für die krisengeschüttelte ÖVP-Riege der Waldviertel-Gemeinde: Der Unternehmer Hermann Hahn jun. wird nach einem Übereinkommen mit der SPÖ als erster Freiheitlicher in Niederösterreich die bisherige Bürgermeisterin Martina Sitz in ihrem Amt ablösen. ÖVP-Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner unterstellt der SPÖ wegen ihrer Zusammenarbeit mit den Freiheitlichen, “weder moralische, noch ideologische Prinzipien” zu haben.

Politischer Umsturz nach ÖVP-Wahldebakel

Die Gemeinderatswahl hatte am 26. Jänner für die Großpertholzer ÖVP mit einer krachenden Niederlage geendet. Bei einem Verlust von 23,9 Prozentpunkten auf 41,4 Prozent verlor die Regierungspartei fünf ihrer bisherigen 13 Mandate und damit auch ihre absolute Mehrheit klar. Ausschlaggebend für das Wahldebakel waren sowohl innerparteiliche Turbulenzen, als auch sachpolitische Fehlleistungen in der Gemeinde, die von der Opposition thematisiert worden waren.

Große Siegerin des Wahlabends war die Liste “Pertholz Aktiv” um Hahn gewesen, die mit einem Plus von 19,5 auf 28,6 Prozentpunkte ihr bisheriges einziges Mandat auf fünf Mandate vervielfachen konnte. Die SPÖ konnte sich geringfügig um ein Mandat auf sechs verbessern.

SPÖ und FPÖ vereinbaren Teilzeitlösung

Mit seiner Designierung zum Bürgermeister hat der Unternehmer Hahn sein Wahlziel erreicht, er hatte sich während der Wahlbewegung bereits explizit als Bürgermeisterkandidat für das Amt beworben.

Erreicht wurde das hohe Ziel durch ein detailliertes Arbeitsübereinkommen, das die örtliche SPÖ mit der FPÖ ausgearbeitet hat. Darin enthalten ist eine zeitliche Teilung des Bürgermeisteramtes zwischen den beiden Parteien. Demnach wird Hahn bis zur Hälfte der Regierungsperiode diese Funktion bekleiden. Nach zweieinhalb Jahren wird er dann von einem SPÖ-Kollegen abgelöst. Die ÖVP wurde von beiden Parteien zu einer konstruktiven Zusammenarbeit zum Wohl der Gemeinde eingeladen.

„Ich hoffe, dass für die Volkspartei die Zusammenarbeit und das Miteinander nicht nur dann gelten, wenn sie selbst in der führenden Position ist“, zitieren die Niederösterreichischen Nachrichten (NÖN) den designierten neuen Bürgermeister. Andernfalls werde es auch so gehen.

FPÖ-Landesrat gratuliert

Unter den ersten Gratulanten war der freiheitliche Landesrat Gottfried Waldhäusl. „DI Hermann Hahn ist der erste freiheitliche Bürgermeister Niederösterreichs, er wird in Bad Großpertholz perfekte Arbeit für die Menschen leisten“, zeigt sich Waldhäusl erfreut über das Übereinkommen mit der SPÖ. „Ich kenne ihn schon sehr lange, und auch seine Haltung: Nämlich, dass Parteipolitik in der Gemeinde nichts zu suchen hat. Hermann stand und steht zur Sachpolitik, und das ist der Garant dafür, dass er mit inhaltlicher Arbeit das Beste für die Bad Großpertholzer schaffen wird“.

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