Sie ist die älteste noch erscheinende Tageszeitung der Welt: die Wiener Zeitung. Bloß will sie niemand mehr lesen.

8. April 2023 / 11:23 Uhr

Mehr als 16,5 Millionen Euro für eine Zeitung, die keiner liest

Die älteste noch erscheinende Tageszeitung der Welt, die 1703 gegründete Wiener Zeitung, wird von Schwarz-Grün anscheinend künstlich am Leben erhalten. Die Regierung steckt nun mehr als 16,5 Millionen Euro in das Staats-Blatt, das keiner liest.

“Todeskampf” mit Steuergeld verlängert

Damit wird der “Todeskampf” der Wiener Zeitung, die im Alleineigentum des Bundes steht und deren Anteilrechte der Bundeskanzler verwaltet, einmal mehr verlängert.

Im Antrag an den Nationalrat auf Zahlung der satten Summe von 16,5 Millionen Euro, den der ÖVP-Abgeordnete Kurt Egger und die grüne Abgeordnete Eva Blimlinger einbrachten, heißt es, dass um drei Millionen Euro etwa eine elektronische Verlautbarungsplattform des Bundes (EVI) eingerichtet werden soll und dass jährlich siebeneinhalb Millionen Euro für die Wiener Zeitung als Online-Medium und nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Mittel auch als Print-Medium zur Verfügung stehen sollen.

“Unabhängiger” Journalismus

Zudem werden jährlich sechs Millionen Euro für einen „Media Hub Austria“, der die Weiterentwicklung des Medienstandortes Österreich fördern soll, bereitgestellt.

Interessantes Detail am Rande: Beim „Media-Hub-Projekt“ soll ausgerechnet in einer Zeitung, die ÖVP-Bundeskanzler Karl Nehammer untersteht, jungen Menschen unabhängiger Journalismus beigebracht werden.

Pflichtinserate abgeschafft

Dass die Wiener Zeitung in den “Todeskampf” geriet, hat damit zu tun, dass unter der ÖVP-FPÖ-Regierung die Pflichtinserate für Firmen abgeschafft wurden.

Diese Pflichtinserate zum Beispiel bei Neugründungen oder Ausschreibungen eines Unternehmens brachten der Staatszeitung pro Jahr 15 bis 20 Millionen Euro. Das war bei Weitem die größte Einnahmequelle des seit 1813 täglich erscheinenden Titels. Im Jahr 2008 hat der Oberste Gerichtshof (OGH) eine Klage der Presse wegen dieser „Wettbewerb verzerrenden Pflichtinserate“ noch abgewiesen.

Nur 8.000 verkaufte Exemplare

Wie viel Leser die Wiener Zeitung tatsächlich hat, kennen wahrscheinlich nur wenige Geheimnisträger. Gegenüber der Tageszeitung Die Presse bezifferte das Medienministerium am 6. Oktober 2022 die verkaufte Auflage zwischen 8.000 und 8.500, davon soll es 6.000 Abonnenten geben. Wie viele Mehrfach-Abos die Regierung selbst bestellt hat, ist nicht bekannt. Diese gab im Jahr 2022 für Zeitungs-Abonnements mehr als 860.000 Euro aus, wie eine Anfrage des FPÖ-Abgeordneten Walter Rauch zutage brachte (unzensuriert berichtete).

Hier können Sie den Originalantrag der Regierung auf Finanzierung der Wiener Zeitung lesen:

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