1991 bezeichnete der damalige belgische Außenminister Mark Eysken die Europäische Union als einen „politischen Zwerg“. Hat sich seitdem etwas geändert? Fraglich. Eine homogene EU-Außenpolitik ist offensichtlich nicht möglich. Die verschiedenen Interessen der Einzelstaaten sind einfach zu mannigfaltig. Das manifestiert sich einmal mehr in den verpatzten Regelungen bezüglich palästinensischer Gebiete.
Illusion einer einheitlichen EU-Außenpolitik
Zunächst einmal von Anfang an. Deutschland hat momentan die EU-Präsidentschaft inne und versucht, gemeinsame Positionen aller 27 EU-Mitgliedstaaten zu vertreten. Zu groß sind aber die außenpolitischen Interessen dieser Staaten, als dass dies gelingen könnte.
Sorge um Siedlungsbau im Westjordanland
So drückte Susanne Warum-Rainer, deutsche Botschafterin in Israel, im Gespräch mit dem israelischen Außenministerium ihre Sorge vor der Wirkung des anhaltenden Siedlungsbaues Israels im Westjordanland aus. Sie wurde von Botschafterinnen und Botschaftern von zwölf weiteren EU-Mitgliedsstaaten unterstützt. Nicht dabei: Österreich sowie alle EU-Mitgliedsstaaten Ost- und Südosteuropas mit Ausnahme Polens.
Höchste je registrierte Zahl an israelischen Neu-Siedlungen
Das Intervenieren der Botschafter hatte keinerlei Erfolg. In den zwei darauffolgenden Tagen genehmigte nämlich die oberste Planungsbehörde der israelischen Zivilverwaltung den Bau von mehr als 4.900 Wohneinheiten in israelischen Siedlungen im Westjordanland. Man will es nicht glauben, aber das ist die höchste Zahl seit Beginn der systematischen Erfassung der Bauvorhaben für Siedlungen im Jahr 2012.
Siedlungs-Erweiterung verstößt gegen Völkerrecht
Somit genehmigte Israel zum ersten Mal seit Suspendierung seines Annexionsplanes für das Westjordanland den Bau von Gebäuden in dieser Region. Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu erreichte diese Suspendierung mit Hilfe der USA im Sommer dieses Jahres. Der Sprecher des deutschen Außenministeriums bekräftigte daraufhin:
Die Erweiterung der Siedlungen verstößt gegen das Völkerrecht und gefährdet die Realisierbarkeit einer Zwei-Staaten-Lösung zur Herbeiführung eines gerechten und dauerhaften Friedens zwischen Israelis und Palästinensern weiter.
Suche nach gemeinsamer EU-Position bei Westjordanland wahrer Albtraum
Ein weiteres Beispiel für die heterogene Politik der EU: Nur drei weitere EU-Mitgliedstaaten (Frankreich, Italien, Spanien) tragen diese Erklärung mit. Sogar die Nachrichtenagentur Reuters berichtete unter Berufung auf einen hochrangigen europäischen Diplomaten, dass die Suche nach einer gemeinsamen EU-Position in der Frage des Westjordanlandes ein „wahrer Albtraum“ sei. Der Diplomat wollte anonym bleiben, weil er es als zu heikel erachtete, dies offen zuzugeben.