In den letzten Tagen vor der Angelobung einer türkis(schwarz)-grünen Regierung passiert alles genau nach Drehbuch. Minister werden nach der Regie der ÖVP-Medienstrategen der Öffentlichkeit präsentiert. Erst werden ein paar weibliche neue Gesichter vorgestellt und dann – am Vorabend zu Silvester – der Griff nach der absoluten Macht, zu einem Zeitpunkt versteckt, wo sich die Österreicher schon auf den Jahreswechsel freuen.
Kommunikationschef soll „Kanzlerbeauftragter“ für Medien werden
Dass Sebastian Kurz und sein Chefberater Stefan Steiner ihr engstes Umfeld in die Regierung holen, hat bisher nur unzensuriert offen angesprochen. Und auch an der jüngsten Personalie übt der Mainstream vorerst keine Kritik. Die Medienpolitik soll, wie mehrere Zeitungen online berichten, künftig von Sebastian Kurz als Kanzler persönlich verantwortet werden.
Seinen bisherigen Kommunikationschef Gerald Fleischmann will Kurz zum „Kanzlerbeauftragten für medienpolitische Fragen“ machen. Und der Gipfel der Dreistigkeit: Fleischmann soll in dieser Funktion weiterhin die Kommunikation der ÖVP-Regierungsmannschaft verantworten.
Laute Telefonate mit Journalisten
Fleischmann gilt in Medienkreisen als Kurz’ Mann fürs Grobe und soll – so berichten Journalisten immer wieder hinter vorgehaltener Hand – nicht davor zurückschrecken, telefonisch laut zu werden, wenn ein nicht für Partei-Werbebroschüren taugliches Foto des ÖVP-Obmanns verwendet oder eine allzu kritische Anmerkung über das Wirken des Chefs geschrieben wurde. Und genau dieser Mann soll künftig gleichzeitig für die Medienpolitik der Republik wie auch für die Durchsetzung der medialen Interessen seines Chefs und der übrigen ÖVP-Regierungsmitglieder zuständig sein.
Vollständige „Verkurzung“ der Medienlandschaft
Vor einer „Orbanisierung“ der österreichischen Medienlandschaft zu warnen, wäre unter diesen Rahmenbedingungen wohl eine Untertreibung, selbst wenn man glaubt, was über den ungarischen Regierungschef und die dortige Medienpolitik in Österreich zu lesen ist. Eher müsste man in Ungarn vor einer medialen „Verkurzung“ warnen. Sollten die Mainstream-Medien von Kronen Zeitung bis Falter das nun präsentierte Modell kritiklos zur Kenntnis nehmen, darf – nein muss man sie künftig wohl als „Kurz-Medien“ bezeichnen.