Wer hätte das gedacht. In der Favoritner Bezirksvertretung tagt offenbar in regelmäßigen Abständen ein „Geheimausschuss“, wo rote Spitzenfunktionäre ihre Wünsche und Anregungen direkt an die Vertreter der Wiener Magistratsabteilungen mit der Bitte um Erledigung kundtun dürfen. Doch alles der Reihe nach.
Kommunale Entscheidungsprozesse
Ähnlich wie im Nationalrat und in den Landtagen gibt es auch auf kommunaler Ebene die unterschiedlichsten Ausschüsse. In den Wiener Bezirksvertretungen sind das etwa Ausschüsse, die sich mit Bau-, Umwelt- aber auch mit Verkehrsanliegen in den jeweiligen Bezirken beschäftigen. Daran teilnehmen dürfen neben den gewählten Bezirksräten, dem Bezirksvorsteher und seinen Stellvertretern auch die relevanten Experten aus den Magistratsabteilungen. So funktioniert gewöhnlich die Bezirkspolitik in Wien.
Im einwohnerstärksten Bezirk Wiens, in Favoriten, schaut das Ganze etwas anders aus.
Ein Ausschuss, von dem keiner etwas weiß
Wie unzensuriert in Erfahrung bringen konnte, dürfte es im SPÖ-geführten Favoriten einen „Geheimausschuss“ geben, der sich „Jour Fixe – Maßnahmen im öffentlichen Raum“ nennt. Wie oft beziehungsweise seit wann dieses Gremium tagt, ist nicht bekannt. Bekannt ist nur, dass ein Protokoll dieses „Ausschusses“ ungewollt an die Öffentlichkeit gelangte. Was für eine „Panne“!
Interessant ist dabei, dass bis auf rote Funktionäre aus dem Bezirk und einigen Magistratsvertretern KEINE weiteren Bezirksfunktionäre anderer Parteien an dem „Ausschuss“ teilnehmen (dürfen). Unzensuriert erkundigte sich bei den unterschiedlichsten Bezirksräten: Keiner wurde zu einem solchen „Ausschuss“ je eingeladen, keiner wusste überhaupt von einem solchen „Ausschuss“.
Radständer für SPÖ-Parteiakademie
Was in diesem „Geheimausschuss“ besprochen wurde, ist durchaus interessant. In der Liste der direkten Aufforderungen der roten Bezirksführung an die jeweiligen Stellen sticht ein Begehren ganz besonders hervor: Der rote Bezirksvorsteher-Stellvertreter wünscht sich ganz ungeniert – ohne dass jemals ein offizieller Ausschuss in diese Entscheidung miteingebunden wurde – die Aufstellung von Radständern vor dem Karl-Renner-Institut in Favoriten.
Zur Information: Das Karl-Renner-Institut ist die politische Akademie der Sozialdemokratischen Partei Österreichs. War die rote Akademie bisher im Schloss Altmannsdorf in Wien-Meidling situiert, zog man Anfang 2019 in einen Bürobau in unmittelbarer Nachbarschaft zum Hauptbahnhof in Favoriten um. Die dazugehörigen Radständer darf nun der Steuerzahler berappen, ohne dass darüber zuvor durch ein offizielles Gremium beraten worden wäre. Man stelle sich etwa vor, ein freiheitlicher Politiker hätte sich für sein Parteilokal die notwendige Infrastruktur hinterrücks auf Kosten der Steuerzahler so einfach bestellt!
Auch in anderen Bezirken gängige Praxis?
Was auf diese Art und Weise in früheren „Geheimausschüssen“ so alles beschlossen wurde, ist nicht bekannt. Auch ob der „Jour Fixe – Maßnahmen im öffentlichen Raum“ der einzige „Geheimausschuss“ in Favoriten ist, wird wohl nicht so schnell an die Öffentlichkeit gelangen. Interessant wäre zu wissen, ob diese gelebte Praxis auch in anderen Bezirken Wiens gang und gäbe ist. Ausschüsse, ganz im Sinne der sozialdemokratischen Politik.