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CDU

19. Oktober 2010 / 18:39 Uhr

Sexualtäter-Treibjagd via Internet und Fernsehen

Die RTL-2-Sendung „Tatort Internet“ betreibt Enthüllungsjournalismus der besonderen Art. Bei der seit 7. Oktober in Österreich immer montags ausgestrahlten Serie gibt sich eine Journalistin als Minderjährige aus und versucht in diversen Internet-Chatrooms vermeintlich pädophile Männer zu realen Treffen zu überreden. Geht der Fisch dann tatsächlich ins Netz, stürzen sich Kameraleute auf den potentiellen Sexualtäter und stellen ihn zur Rede. Untermalt Mädchenwird das bisher aus Amerika bekannte TV-Format durch dramaturgische Musik, hektische Kameraführung und zahlreiche Bodyguards, die den minderjährigen Lockvögeln Schutz vor den Perverslingen bieten sollen.

Doch nicht nur die reißerische Aufmachung sorgt für einen Quotenerfolg nach dem anderen, auch die prominente Besetzung durch den ehemaligen Hamburger Innensenator Udo Nagel und Stephanie zu Guttenberg, Ehefrau des Bundesverteidigungsministers Karl Theodor zu Guttenberg (CSU), bringt dem deutschen Privatsender scharenweise neue Zuschauer.

Nun wird allerdings Kritik von mehreren Seiten laut, weil durch die Art der Berichterstattung die Persönlichkeitsrechte der gezeigten Personen und das Jugendschutzgesetz verletzt würden. So werden die betroffenen Männer zwar verpixelt gezeigt und deren Stimmen verfälscht, allerdings könnten Rückschlüsse durch die mediale Jagd gezogen werden, weil Wohnorte, Berufe und Familienstand angegeben sind. Die hessische Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien überprüft mittlerweile die Einhaltung medienrechtlicher Vorgaben.

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Unterdessen sorgt allerdings ein anderer Fall für Aufregung. Weil der 61-jährige Leiter des „Goldenen Kinderdorfes“ der Caritas im bayrischen Würzburg in der Sendung überführt wurde, als er sich nach einem anzüglichen Chat mit der 13-jährigen „Leila“ in einem Restaurant nahe München verabredete, hat die Staatsanwaltschaft Würzburg ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von Kindern eingeleitet. Nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe wurde der Mann zwar sofort fristlos entlassen, ist aber seitdem spurlos verschwunden.

Kritik am Sender und Morddrohungen gegen Kinderanwältin

Pikanterweise hatte sich dieser schon im Mai mit der Minderjährigen getroffen, was die Redaktion von „Tatort Internet“ aber fünf Monate lang bis zur Ausstrahlung der Sendung verschwieg. Auf Kritik der Caritas hieß es zunächst von RTL 2, man habe auf die Persönlichkeitsrechte des mutmaßlichen Kinderschänders Rücksicht nehmen müssen. Künftig würden Sendekopien aber schon im Vorfeld der Ausstrahlung an die betreffenden Strafverfolgungsbehörden weitergegeben, wenn mutmaßliche Täter in ihren Arbeitsverhältnissen mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben.

Auch für die Unterstützerin des Formats, Stephanie zu Guttenberg, blieben die Auftritte nicht ohne Konsequenzen. Sie erhält seitdem Morddrohungen. Guttenberg ist deutsche Präsidentin der internationalen Kinderhilfsorganisation „Innocence in Danger“ und präsentierte vor kurzem in Berlin ihr erstes Buch mit dem Titel „Schaut nicht weg“.

Foto: Nicole Celik / Pixelio.de

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