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12. Juni 2012 / 15:30 Uhr

Ungeborener Sohn als Erbe: Streit seit 23 Jahren

Ein im wahrsten Sinne des Wortes schweres Erbe hat ein Bauer in Reisenberg, Bezirk Baden, seinem Sohn überlassen. Dieser kämpft seit 23(!) Jahren um das elterliche Anwesen, weil sein Vater nicht seine drei Kinder (Sohn und zwei Töchter) als Erben einsetzte, sondern ein Phantom: den ungeborenen Sohn seines Sohnes.
Klingt alles ziemlich kompliziert. Und das ist es auch, sowohl für die Betroffenen als auch für die Gerichte, die sich seit mehr als zwei Jahrzehnten mit diesem Fall beschäftigen und auch heute nicht sagen können, wann und wie der Prozess ausgehen wird.

Schuld an diesem Desaster ist ein unklares Testament, das der Bauer im März 1989 selbst handschriftlich verfasste. Darin finden sich zwei Kernsätze. Der erste lautet:

Ich, geb. 3. 6. 1922, vererbe meinen gesamten Besitz mit Inventar meinem Enkelsohn (Sohn von meinem Sohn Franz).

Wozu zu bemerken ist, dass der Senior damals bereits seit drei Jahren geschieden war und zur Frau und dem Junior keinen Kontakt hatte. Und dieser, damals 37-jährige Sohn hatte noch gar keine Nachkommen. Der zweite entscheidende Satz aus dem Testament:

Sollte mein Sohn Franz keinen Sohn haben, erben meinen ganzen Besitz die anderen Kinder.

Welche anderen Kinder sind gemeint? An wen der Senior dabei gedacht hatte, konnte bis dato nicht geklärt werden. Meinte er seine beiden Töchter, oder Töchter seines Sohnes, sollte dieser noch welche bekommen?

Franz Böhm senior starb am 20. März 1989 und der Streit um das 18 Hektar große Grundstück samt Wohnhaus und landwirtschaftlichem Gebäude ging los. Denn der Sohn, Franz Böhm junior, war der Ansicht, dass er als männlicher Nachkomme den Hof erben und dann seine beiden Schwestern auszahlen müsste. Doch das Gericht war anderer Meinung: Es entschied, dass das Anwesen zu gleichen Teilen auf die drei Kinder des Verstorbenen aufgeteilt wird.

Für die Töchter war der Fall damit erledigt. Sie verkauften ihre Anteile an den Pächter des Anwesens, Franz H., der die Landwirtschaft bereits seit 1984 bewirtschaftete. Franz Böhm aber kämpfte weiter. Er ärgerte sich über das seiner Meinung nach falsche Urteil – und er macht sich bei Gericht für den stark, der laut Testament alles erben sollte: seinen noch ungeborenen Sohn.

Der "ungeborene Sohn" als Partei vor Gericht

Franz Böhms Einspruch hatte Erfolg. Das Gericht bestellte für den ungeborenen Sohn einen Kurator (Rechtsvertreter). Skurril: In weiteren Verfahren wurde ein „ungeborener Sohn“ als Partei geführt. Inzwischen gibt es fünf Enkelkinder, die möglicherweise noch in den Genuss des Erbes kommen könnten. Franz Böhm hat zwei Kinder. Sie sind 17 und 22 Jahre alt. Aber es sind Töchter…

Der langwierige Erbschaftsstreit hat Franz Böhm bereits 100.000 Euro an Anwalts- und Gerichtskosten verursacht. Ein Fristsetzungsantrag wurde im Jahr 2006 abgewiesen. Weil sich der Mann keinen Anwalt mehr leisten kann, vertritt er sich vor Gericht selbst und erhebt schwere Vorwürfe gegen Justizbeamte. Diese hat er unter dem Aktenzeichen 2St. 11/12s sogar bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft angezeigt.

"Goethe ist mit 80 noch Vater geworden"

Wie das Verlassenschaftsverfahren weiter geht? Unzensuriert.at fragte bei der zuständigen Richterin im Bezirksgericht Baden, Daphne Franz, nach. Diese sagte: „Franz Böhm hat mich als befangen abgelehnt. Wenden Sie sich an die Pressestelle beim Bezirksgericht Wiener Neustadt.“ Dort nachgefragt, sagte Hans Barwitzius, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit, folgendes: „Vorausschicken möchte ich, dass nicht alle Akten zu diesem Verfahren zur Verfügung stehen, die Infos musste ich mühsam zusammentragen. Fakt ist, dass der Oberste Gerichtshof das Testament für zulässig erklärte. Es hat fünf Rekurse gegen das Urteil der ersten Instanz, zwei Ablehnungsanträge durch Herrn Böhm gegen die Richter und außerdem Klagen wegen der Testamentsauslegung gegeben. Immer wurde der Instanzenzug voll ausgenützt.“ Ziel des Verfahrens sei es, so Barwitzius, dem Nachlass-Kurator (dem juristischen Vertreter des ungeborenen Sohnes) das Erbe zu übergeben. Auf die Feststellung, dass es eher unwahrscheinlich erscheint, dass Franz Böhm, inzwischen 60 Jahre alt, noch einen Sohn zeugt, sagt Barwitzius: „Goethe ist mit 80 noch Vater geworden. Ausschließen kann man das bei Herrn Böhm auch nicht.“

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