Parlament, Pressefreiheit

Das ÖVP-Innenministerium greift mit dem Ausschluss von bisher vier Journalisten von der Wahlberichterstattung im Parlament massiv in die Pressefreiheit ein.

24. September 2024 / 12:10 Uhr

Anschlag des ÖVP-Geheimdienstes auf die Pressefreiheit in Österreich

Der offensichtlich politisch motivierte, massive Eingriff in die Pressefreiheit erreicht in Österreich gerade seinen Höhepunkt. Bereits vier Journalisten wurden vom ÖVP-Innenministerium vom Wahlabend im Parlament am kommenden Sonntag ausgeschlossen.

Einer dieser Journalisten ist ein Unzensuriert-Redakteur. Ihm wurde die Akkreditierung ebenso verweigert wie drei anderen Journalisten von freien Medien.

Seitens der Parlamentsdirektion wurde der Redaktion eine kryptische E-Mail zugesandt – und zwar mit folgendem Inhalt:

Die Sicherheitseinschätzung hat eine negative Entscheidung der Sicherheitsbehörden ergeben. Dies hat nun zur Folge, dass wir Ihre Akkreditierung ablehnen müssen.
Die Gründe für die Entscheidung der Sicherheitsbehörden dürfen uns aufgrund der einschlägigen Bestimmungen des Datenschutzes nicht bekanntgegeben werden. Ihnen selbst steht es jedoch selbstverständlich frei, sich diesbezüglich an das Bundesministerium für Inneres [….] zu wenden.

Was wir auch mit folgender E-Mail taten, die allerdings unbeantwortet blieb:

[…] ersuche Sie hiermit dringend, mir die Gründe für diese negative Entscheidung offenzulegen. Da die Ablehnung und somit wohl auch die entsprechende Sicherheitseinschätzung innerhalb kurzer Zeit erfolgte, erwarte ich angesichts der Bedeutung der Angelegenheit – es handelt sich um eine gravierende Einschränkung der Pressefreiheit – eine zeitnahe Übermittlung der Sicherheitseinschätzung, die der negativen Entscheidung zugrunde liegt. Bitte stellen Sie mir diese bis spätestens morgen, den 24.09.2024, mittags zur Verfügung.

Keine Reaktion von Reporter ohne Grenzen

Unzensuriert wandte sich auf X auch an Reporter ohne Grenzen (ROG) und forderte die Organisation auf, hier tätig zu werden.

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Eine Reaktion blieb überraschenderweise auch von dieser Stelle aus, obwohl sie als selbstgestecktes Ziel definieren: Reporter ohne Grenzen dokumentiert Verstöße gegen die Presse- und Informationsfreiheit weltweit und alarmiert die Öffentlichkeit. Das gilt wohl nicht für alle Journalisten …

Journalisten werden wie Schwerverbrecher behandelt

Wie berichtet, hatte gestern, Montag, FPÖ-Mediensprecher Christian Hafenecker zum Ausschluss von Medien, darunter auch das private Fernsehen Report24, in einer Pressekonferenz Stellung genommen. Heute folgte eine Aussendung, die es in sich hat. Darin wirft Hafenecker ÖVP-Innenminister Gerhard Karner vor, Journalisten wie Schwerverbrecher zu behandeln.

Wegen Anschlagsgefahr ausgeschlossen

Der FPÖ-Mediensprecher teilte mit, dass der Freiheitliche Parlamentsklub auf Anfrage von der Parlamentsdirektion informiert worden sei, auf welcher Rechtsgrundlage das Innenministerium behauptet, die Journalisten vom Zutritt zum Parlament ausschließen zu können. Demnach handle es sich dabei um den § 22 des Sicherheitspolizeigesetzes. „Das bedeutet, dass ÖVP-Innenminister Gerhard Karner die Journalisten offensichtlich für potentielle Schwerverbrecher hält, die mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Anschlag verüben würden“, sagte Hafenecker. Würde das wirklich zutreffen, darf man sich wundern, warum gefährdete Personen wie FPÖ-Chef Herbert Kickl von dieser Gefahr nicht informiert worden sind.

Gefährlichen Angriffen vorbeugen

In der entsprechenden Passage des angegebenen Paragraphen heißt es nämlich wortwörtlich:

Die Sicherheitsbehörden haben gefährlichen Angriffen auf Leben, Gesundheit, Freiheit, Sittlichkeit, Vermögen oder Umwelt vorzubeugen, sofern solche Angriffe wahrscheinlich sind. Zu diesem Zweck können die Sicherheitsbehörden im Einzelfall erforderliche Maßnahmen mit Behörden und jenen Einrichtungen, die mit dem Vollzug öffentlicher Aufgaben, insbesondere zum Zweck des Schutzes vor und der Vorbeugung von Gewalt sowie der Betreuung von Menschen, betraut sind, erarbeiten und koordinieren, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen, insbesondere wegen eines vorangegangenen gefährlichen Angriffs, anzunehmen ist, dass ein bestimmter Mensch eine mit beträchtlicher Strafe bedrohte Handlung (§ 17) gegen Leben, Gesundheit, Freiheit oder Sittlichkeit eines Menschen begehen wird.

ÖVP-Geheimdienst greift in Pressefreiheit ein

Es sei absolut inakzeptabel und ein Skandal von höchster Ordnung, wenn der Geheimdienst im ÖVP-Innenministerium erstens in die Pressefreiheit massiv eingreife und zweitens die Journalisten auch noch als potentielle Schwerverbrecher verleumde, sagte Hafenecker in seiner heutigen Stellungnahme. Jeder Demokrat sei aufgefordert, sich von diesem abscheulichen Verhalten einer völlig machtbesoffenen ÖVP-Clique schnellstens zu distanzieren, insbesondere auch die Journalistenverbände.

Parlamentsdirektion kann Entscheidung nicht nachvollziehen

Im Übrigen, so der FPÖ-Mediensprecher, könne auch die Parlamentsdirektion die Vorgehensweise des Innenministeriums nicht nachvollziehen. Sie habe die FPÖ auf Anfrage informiert, dass sie mit dem BMI in eine rechtliche Erörterung eintreten werde. Immerhin werde hier nicht nur die Pressefreiheit mit Füßen getreten, sondern auch die Gewaltenteilung, wenn die Exekutive bestimme, wie die Legislative das Hausrecht im Parlament auszuüben habe, brachte Hafenecker ein weiteres Detail in diesem Skandal auf das Tapet.

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