Im Buch von Christian Hafenecker mit dem Titel „So sind wir“ wird der abenteuerliche Fund des „Ibiza-Videos“ durch die „Soko Tape“ beschrieben und der berechtigte Verdacht geäußert, dass es ähnliche Aufnahmen auch von ÖVP-Politikern geben könnte.
Sechs Wochen nicht der WKStA geliefert
Der Streit innerhalb der Justiz sollte auch Auswirkungen auf die „Ibiza“-Ermittlungen haben. Falter-Chefredakteur Florian Klenk wunderte sich in seiner Einvernahme vor dem Ausschuss, weil die „Soko Tape“ das „Ibiza-Video“ sechs Wochen lang nicht an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) geliefert hatte.
Ex-Geliebte des „Ibiza-Regisseurs“
Das Video wurde auf kuriose Weise Ende April 2020 sichergestellt, und zwar in einer Wohnung in Wiener Neustadt. Der entscheidende Hinweis kam von dem Wohnungsbesitzer, einem in der Sicherheitsbranche tätigen freiwilligen Feuerwehrmann. Er ist der Ex-Lebensgefährte einer 34-jährigen rumänischen Pornodarstellerin mit dem Künstlernamen „Black Angel“, die mit dem „Ibiza-Regisseur“ Julian Hessenthaler liiert gewesen sein dürfte.
Hunderte Textnachrichten an Hessenthaler
Nach der Veröffentlichung des Finca-Videos im Mai 2019 war Hessenthaler zwar untergetaucht, dennoch schrieb ihm die Ex-Geliebte weiterhin hunderte Textnachrichten. Das Paar fühlte sich auf dem Instant-Nachrichten-Dienst “Threema” sicher – was dann den Ermittlern des Bundeskriminalamts wertvolle Informationen lieferte.
Video hinter einer Steckdose versteckt
Jedenfalls soll die Pornodarstellerin das „Ibiza-Video“ samt anderen Materialien erhalten und es ihrem ehemaligen Freund, dem Feuerwehrmann, gegeben haben. Der zerstörte es nicht, wie abgesprochen, sondern versteckte es hinter einer Steckdose, wo es schließlich gefunden wurde.
Mehr als 20 Stunden Material beschlagnahmt
Völlig unverständlich war, dass das Video nach dem Fund am 20. April 2020 nicht unmittelbar dem „Ibiza“-Untersuchungsausschuss vorgelegt wurde. Schließich soll auf dem Datenträger das gesamte Video aus verschiedenen Kameraperspektiven zu sehen sein. Doch nicht nur das: Wie Andreas Holzer, Leiter der „Soko Tape“ im Bundeskriminalamt, vor dem Untersuchungsausschuss eingestehen musste, wurden noch weitere Videos beschlagnahmt, insgesamt mehr als 20 Stunden Material.
Video mit ÖVP-Politiker „nicht auszuschließen“
Holzer betonte, dass sich auf den weiteren Videos „im Wesentlichen dieselben Protagonisten befinden“. Auf Nachfrage, ob es auch ein Video mit einem prominenten ÖVP-Politiker gebe, wich Holzer aus und wollte sich nicht festlegen, bevor die Auswertungen beendet seien. Nochmals hartnäckig nachgefragt, ob auch andere Politiker auf den Videos zu sehen seien, meinte Holzer, dass er das nicht ausschließen könne. In Medienkreisen wurden und werden jedenfalls immer wieder entsprechende Gerüchte weitergegeben.
Knall in der Koalition
Brisant ist auch eine Aktennotiz im Bundeskriminalamt (BK), die die Ausschuss-Mitglieder zu Gesicht bekamen. Demnach wusste das BK schon im Herbst 2018, also fast ein halbes Jahr vor der Veröffentlichung des Videos, von dessen Existenz. Eingetragen war auch der Satz, dass es einen „großen Knall in der Koalition geben wird“.
Es ist lebensfremd, anzunehmen, dass Andreas Holzer, der eine lupenreine Polizeikarriere mit massiver ÖVP-Unterstützung hinlegte, seinen Parteifreunden von diesem Video nichts erzählt hat.
Fortsetzung folgt: Lesen Sie am Mittwoch, wie sich ÖVP-Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka nicht daran erinnern wollte, dass er in Moskau mit dem Wirecard-Manager Jan Marsalek Seite an Seite saß.
Das Buch von Christian Hafenecker ist im Verlag Frank&Frei erschienen, und zum Preis von 19,90 Euro im Frank und Frei Verlag zu bestellen.