Montag Abend gegen 20.00 Uhr kam es am Wiener Schwedenplatz zu kriegerischen Szenen. Innenminister Karl Nehammer erklärte gegenüber dem ORF, dass es Verletzte, wahrscheinlich auch Tote gebe. Der Innenminister geht auch von einem augenscheinlichen Terroranschlag aus, dessen Ausgangspunkt die Seitenstettengasse, das Zentrum jüdischer Einrichtungen in Wien, war. Die Wiener Rettung spricht zunächst von “mehreren Verletzten und Toten”.
Täter eröffnen Feuer auf vollbesetze Lokale
Es dürfte mehrere Täter geben, die angeblich mit Langwaffen, mutmaßlich Sturmgewehren, in die in dieser Gegend zahlreichen und angesichts der bevorstehenden Ausgangssperre stark frequentierten Lokale (“Bermuda-Dreieick” und Umfeld bis zum Graben) geschossen haben sollen. Ein Video, von dem die APA berichtet, zeigt, dass einer der Täter in der Seitenstettengasse zunächst einen Mann vor einem Lokal mit einer Langwaffe angeschossen haben und danach mit einer Pistole aus kurzer Distanz neuerlich auf ihn gefeuert haben soll. Insgesamt wurden bisher sechs Tatorte zwischen Morzinplatz und Graben ermittelt.
Augenzeuge überlebte knapp
Ein weiterer Augenzeuge berichtete im ORF, dass er am Morzinplatz zunächst an ein Feuerwerk Jugendlicher dachte, bevor aus der Ruprechtskirche ein Bewaffneter gekommen sei und ihn ins Visier genommen hätte. Er habe sich hinter eine Steinmauer geduckt und sei dann Richtung Rotenturmstraße geflüchtet, wo ihm schon die Polizeikräfte entgegengekommen wären.
Toter mit Sprengstoffgürtel vor Ruprechtskirche
Laut Meldungen gegen 0.20 Uhr soll eben dieser Täter von den Einsatzkräften erschossen worden sein und noch immer vor der Ruprechtskirche liegen und vom Entminungsdienst behandelt werden, da er eine Art Sprengsoff-Gürtel und eine große Menge Munition mitgeführt haben soll. Wie sich später herausstellte, war der Sprengstoffgürtel eine Attrappe. Umso echter war jedoch die Bewaffnung: Ein Sturmgewehr (eine Kalaschnikow AK-47) und eine Pistole samt umfangreicher Munition, sowie eine Machete.
“Hände hoch”: Polizei verbannte Passanten stundenlang in Lokale
Die Lage in der Innenstadt glich Szenen eines Katastrophen-Films. Die Polizei rückte schwerbewaffnet vom Schwedenplatz aus vor, auf der Straße angetroffene Passanten mussten “Hände hoch” nehmen und wurden unmissverständlich angewiesen, sich sofort in ihre Häuser oder in die nächstgelegenen Lokale oder Hotels zu begeben. Selbst die ORF-Reporter mussten sich aus Hotel-Foyers melden. Auch alle öffentliche Verkehrsmittel durften in der Innenstadt nicht mehr halten. Erst gegen 0.45 Uhr durften die Leute die Lokale auf Anweisung der Polizei wieder geordnet verlassen. Manche Hotels boten erschöpften Betroffenen Zimmer an, andere berichteten laut ORF allerdings auch über Hotels, in denen sie Zuflucht gesucht hatten, die sie hinausgeschmissen hätten.
Jüdische Einrichtungen nicht betroffen
Oskar Deutsch von der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) erklärte im ORF, dass er nichts über einen Anschlag auf jüdische Einrichtungen wüsste, da diese zu dieser Zeit bereits geschlossen, nicht besetzt und daher auch nicht bewacht würden. Die Überfälle sollen sich laut diversen Augenzeugenberichten tatsächlich auf die Lokale konzentriert haben, wobei Täter den Opfern sogar in die Lokale hinein gefolgt sein sollen, um auf sie zu schießen.
Sogar Bundesheer-Jagdkommando im Einsatz
Laut APA patrouillieren inzwischen auch Bundesheersoldaten in der Wiener Innenstadt. Das Militär übernimmt sämtlichen Objektschutz potentiell gefährdeter Objekte (etwa Botschaften) in der Bundeshauptstadt, und Teile des Jagdkommandos stehen zur Unterstützung der Terrorismusbekämpfung zur Verfügung.
Kurz: “Widerwärtiger Terroranschlag”
Bürgermeister Michael Ludwig spricht davon, dass wahllos auf Passanten und Personen in Gastgärten geschossen wurde. Bundeskanzler Sebastian Kurz erwähnte in einer Stellungnahme gegenüber der APA einen “widerwärtigen Terroranschlag, dem wir uns niemals einschüchtern lassen und dessen Angriffe wir mit allen Mitteln verfolgen werden”.
Vier Tote, viele Verletzte
Laut aktuellen Aussagen sind vier tote Passanten zu beklagen, auch der mutmaßliche Einzeltäter ist tot. In den Wiener Spitälern werden 24 Verletzte, darunter noch vier in kritischem Zustand, behandelt. Ein zunächst als tot gemeldeter Polizist befindet sich zum Glück unter den Verletzten und ist außer Lebensgefahr.
Tatverdächtiger Nordmazedonier mit Terror-Vorstrafe
Mittlerweile ist bekannt, dass es sich beim Tatverdächtigen um einen Nordmazedonier mit österreichisch-nordmazedonischer Doppelstaatsbürgerschaft handelt. Der 20-Jährige war bereits amtsbekannt: Weil er versucht hatte, nach Syrien zu reisen und sich dem “Islamischen Staat” als Kämpfer anzuschließen, wurde er wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation im April des Vorjahres zu 22 Monaten Haft verurteilt, kam aber schon nach wenigen Monaten wieder frei, weil für den “jungen Erwachsenen” das Jugendstrafrecht angewandt wurde.
“Deradikalisierung” Grund für vorzeitige Haftentlassung
Grund für die frühe Haftentlassung war die Absolvierung einer Deradikalisierungs-Maßnahme (!), bei der der Mann offensichtlich gut Theater gespielt hatte. Hier wird der Innenminister wohlk kräftig nachbessern müssen. Ebenso unverständlich ist, wieso der Terrorist – trotz einschlägiger Verurteilung – nach wie vor die österreichische Staatsbürgerschaft bzw. warum er überhaupt eine hierzulande gar nicht erlaubte Doppelstaatsbürgerschaft hatte.
Falter-Journalist Florian Klenk veröffentlichte auf Twitter Informationen zum erschossenen Täter:
Er war am Radar des Verfassungsschutzes, weil er einer von rund 90 österreichischen Islamisten war, die nach Syrien ausreisen wollten. Im Juli wurde er daran gehindert. Dass er in Wien einen Terroranschlag plant, hatte ihm die Polizei nicht zugetraut.
https://twitter.com/florianklenk/status/1323525911250173954
Das auf die Überwachung islamistischer Websites spezialisierte US-Unternehmen SITE hat auf seiner Website einen Dschihadisten zu dem mutmaßlichen Anschlag in Wien zitiert: „Dschihadist sagt, der Angriff in Wien ist ‚Teil der Rechnung‘ für die österreichische Beteiligung an der US-geführten Koalition“
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Parlaments-Sondersitzung findet nicht statt
Die für Dienstag angesetzte Sondersitzung des Nationalrats zur Abschaffung der “Hacklerregelung” findet aufgrund der aktuellen Ereignisse nicht statt. Stattdessen solle es eine eigene Sonder-Präsidiale zum Anlass geben.
Reaktionen aus Deutschland und Frankreich
Beileids-Bekundungen kamen umgehend aus Deutschland und von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der selbst von ähnlichen Anschlägen in der jüngsten Zeit betroffen war.
Keine Schulpflicht für Dienstag
Innenminister Nehammer gab in einer Ansprache via ORF bekannt, dass es “keine Schulpflicht für Kinder” am heutigen Dienstag gebe, um der Polizei ihre Arbeit nach Verfolgung der Täter zu erleichtern, es soll sich möglicherweise nur um einen, aber schwer bewaffneten Verdächtigen handeln. Ein Polizeisprecher kündigte die Einrichtung eines Sonder-Einsatzstabes an. Wiens Polizeipräsident Gerhard Pürstl garantierte umfassende Aufklärung mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln. Um 6.00 Uhr Früh soll es die nächsten Informationen via ORF zu den Anschlägen geben.
Wiener Polizei ersucht Zeugen um Videos und Fotos
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