Fast mochte man Mitleid bekommen, als Kanzler Faymann (SPÖ) und sein Vize Mitterlehner (ÖVP) ihre lange diskutierte Umverteilungsaktion gestern als „größte Steuerreform der Zweiten Republik“ verkaufen wollten. Man sah ihnen an, dass sie nicht der Meinung waren, irgendjemand würde ihnen das glauben. Das bisschen Geld, das die Lohnsteuerzahler nun erhalten sollen, hat man ihnen in den letzten Jahren durch die „kalte Progression“, die bei Inflation trotz real maximal gleichbleibenden Lohnes in höhere Steuerstufen führt, längst abgeknöpft. Und die wie FPÖ-Obmann HC Strache im ORF darlegte, werde auch die jetzige Entlastung in zwei Jahren wieder von dieser kalten Progression aufgefressen sein, weil sich Rot und Schwarz nicht dazu durchringen konnten, sie durch eine Inflationsanpassung der Steuerstufen abzuschaffen. Das wäre nämlich eine echte Reform gewesen.
Mitterlehner fordert Arbeitgeber zu harten Lohnverhandlungen auf
Und doch erweckte bei der Präsentation der Vizekanzler den Eindruck, als sei er den Lohnsteuerzahlern sogar das kleine Bisschen an Entlastung neidig, das ihnen Rot und Schwarz für den Moment zugestehen wollen. Nach 34 Minuten der langatmigen Inszenierung, die vom regierungstreuen ORF live übertragen würde, entwich ihm folgender verräterischer Satz:
Wobei man auf der anderen Seite schon sieht, dass da auch Entlastungen im Bereich der Lohn- und Einkommensteuer durchaus auch den Unternehmen nutzen, wenn es etwa um die nächsten Tarifverhandlungen […] geht.
Heißt also: Die Unternehmer sollen bei den nächsten Lohnverhandlungen auf die Bremse treten und den Arbeitnehmern die Entlastung durch eine möglichst geringe Erhöhung – vielleicht sogar unter der Inflation – wieder abknöpfen.
Faymann will unbedingt Vermögensteuern kassieren
Nicht besser der Kanzler, der schon einen Tag nach der Präsentation verlauten lässt, dass es sich bei der Steuerreform nur um eine „Zwischenetappe“ handle. Das Endziel jedoch ist nicht etwa eine Entlastung, die diesen Namen auch verdient, nein: Es ist die Vermögensteuer. Diese den Bürgern zusätzlich zu den ohnehin rekordhohen Abgaben abzuknöpfen, scheint derzeit der Lebenszweck der Sozialdemokratie zu sein.