Wer gibt in der ÖVP nun tatsächlich den Ton an? Die “schwarze”, EU-hörige Seite, oder die “türkise” PR-Truppe rund um Bundeskanzler Sebastian Kurz? Diese Frage stellt man sich angesichts der parteiinternen Differenzen in der ÖVP ob der Kritik am Verhalten der Europäischen Union in der Corona-Krise einmal mehr. Jüngstes Beispiel: die “EU-Granden” Johannes Hahn und Othmar Karas.
Hahn kritisiert indirekt Kurz
Im Zuge der Debatte rund um Lockerungen der Corona-Beschränkungen ließ EU-Kommissar Hahn wissen, dass Kritik an der Vorgehensweise der Europäischen Union auf “Unwissenheit” beruhe. Die EU habe keine mangelnde Solidarität oder gar Versagen bewiesen, da Gesundheitspolitik Sache der Nationalstaaten sei.
Interessant ist die Aussage Hahns vor allem, weil sein Parteikollege Kurz noch vor einigen Tagen die EU genau deshalb medienwirksam kritisierte. Ist also Kanzler Kurz für EU-Kommissar Hahn auch einfach nur ein “Unwissender” gewesen? Somit könnte man Hahn durchaus eine mehr als indirekte Kritik am ÖVP-Chef unterstellen.
Karas für Vergemeinschaftung der Corona-Kosten
Ebenfalls in eine gänzlich andere Kerbe schlägt aber auch ein anderer Parteifreund von Kurz. EU-Abgeordneter Othmar Karas (ÖVP) will erwartungsgemäß wiederum die Schulden und Kosten der Corona-Krise EU-weit vergemeinschaftlichen. Somit müssten Staaten wie Österreich etwa für die Kosten der Krise in Spanien aufkommen. Karas auf Twitter dazu:
Es genügt nicht, wenn jedes EU-Land sein eigenes Süppchen kocht. Wir müssen die finanzielle Last der Coronakrise gemeinsam schultern.
Bundeskanzler Kurz hatte solche “Corona-Bonds” allerdings (bisher) kategorisch abgelehnt. Die ÖVP-Linie dazu ist hier also ein ums andere Mal unklar und schwammig.