Thomas Kreuzinger

Thomas Kreuzinger, mittelständischer Taxiunternehmer in Wien, verzweifelt gemeinsam mit seinen Berufskollegen an der Wirtschaftsblockade und den ungenügenden Förderungen der Bundesregierung.

30. März 2020 / 11:40 Uhr

Existenzvernichtung: Taxler haben nur noch 30 Euro Umsatz pro Tag

Unzensuriert hat mit Thomas Kreuzinger, seit mehr als 20 Jahren Taxiunternehmer und Vertreter der Wiener Taxiunternehmer in der Freiheitlichen Wirtschaft und der Wirtschaftskammer (WKO), ein Interview zur aktuellen Lage seiner Berufsgruppe in der Coronavirus-Krise geführt. Nach einem jahrelang geführten Abwehrkampf gegen den US-Fahrdienstleister Uber ein weiterer schwerer ökonomischer Schlag für die österreichischen Taxler.

Unzensuriert: Wie erleben Sie als Taxiunternehmer die derzeitige Situation?

Kreuzinger: Als Taxiunternehmer stehen wir unmittelbar vor dem Ruin! Durch den Preiskampf der letzten Jahre durch Uber und Co. war es dem Taxigewerbe natürlich nicht möglich, finanzielle Rücklagen zu bilden. Die Coronakrise wird vielen von uns den endgültigen Todesstoß geben!

Wie viele ihrer Taxis fahren überhaupt noch im Hinblick auf das aktuelle Fahrgastaufkommen in der Bundeshauptstadt Wien?

Ich hatte vor der Krise fünf Taxis im Betrieb und musste vorige Woche schon eines billig verkaufen, um wieder für einige Wochen überleben zu können, weitere Verkäufe stehen bevor!

Wie sieht es mit den durchschnittlichen Tagesumsätzen im Vergleich zu “normalen Zeiten” aus?

Unsere derzeitigen Tagesumsätze liegen bei 30 Euro bei einer Arbeitszeit von zwölf bis 14 Stunden! Das ist ein Einbruch von 80 Prozent und mehr für den durchschnittlichen kleinen und mittleren Taxiunternehmer.

Haben Sie in ihren Fahrzeugen besondere Vorkehrungen getroffen für den Schutz der Mitarbeiter und Fahrgäste in Sachen Coronavirus-Seuche?

Die Taxis werden ständig gereinigt und desinfiziert, meine Fahrer verwenden Handdesinfektionsmittel, in meinen Taxis wurden jetzt auch Schutztrennwände eingebaut. Die Firma, die hier rasch und dienstleistungsorientiert unterstützt hat (www.plexiglas-spuckschutz.at), kann ich sehr empfehlen mit einem wirklich guten Preis Leistungsverhältnis für uns Taxler!

Welche Unterstützung kommt da aus der Wirtschaftskammer?

Von der ÖVP-geführten Wirtschaftskammer habe ich in den letzten Wochen nicht viel gehört! In Zeiten wie diesen stellt sich auch wieder die Fragen nach der Rolle der Taxler als “letzte Mobilitätsreserve”, wenn auch die öffentlichen Verkehrsmittel in immer größeren Intervallen fahren. Da zeigt sich, wie wichtig ein funktionierendes Taxigewerbe in Wien ist! Ist doch in einem Taxi die Ansteckungsgefahr um etliches geringer als in den Öffis! Die Taxifahrer riskieren ihre Gesundheit, um die Versorgung zu gewährleisten! Dafür erwarten wir keinen Dank, aber wir hoffen, daß man uns in Zukunft nicht wieder im Stich lässt wie die letzten Jahre im Kampf gegen Anbieter wie den US-Fahrdienst Uber, der sich im Unterschied zu uns sehr oft nicht an bestehende Gesetze gehalten hat!

Sind die jetzt ausgelobten Unterstützungsleistungen wie etwa Kurzarbeit oder der Härtefonds der Wirtschaftskammer eine echte Hilfe für Sie und ihre Berufskollegen?

Die derzeitige Unterstützung der Unternehmer in der Coronakrise, Härtefonds etc. durch die Regierung ist ein weiterer Schlag in Gesicht und Magen eines jeden Kleinunternehmers. Viele werden, wenn überhaupt, nur 500 Euro im Monat bekommen. Die Fixkosten per Taxi betragen aber einige tausend Euro im Monat.

Wie lang kann der Berufsstand der Taxler diese Situation überhaupt noch durchhalten?

Ich bin mir leider sicher, dass viele von uns Taxlern die nächsten Tage nicht überleben werden.

Jahrelang wurden Sie und ihre Berufskollegen durch die Wettbewerbsverzerrungen auf Grund des Auftretens von Uber existentiell bedroht. Jetzt belastet Sie ein Maßnahmenkatalog der schwarz-grünen Bundesregierung, der ihr Geschäft massiv stört und behindert. Was erwarten Sie sich überhaupt noch von der Politik oder einer Bundesregierung für die Zukunft?

Ich erwarte mir, dass jene, die sich an bestehende Gesetze halten, unterstützt werden, und dass man endlich die österreichischen Unternehmer fördert und beschützt. Dass man nicht Großkonzernen alles durchgehen lässt und zusieht, wie der österreichische Mittelstand verschwindet!

Sollte die Coronavirus-Krise überstanden sein, welche Maßnahmen erwarten sie sich für Ihren Berufsstand um mittel- und langfristig zu überleben?

Ich erwarte mir für das Taxigewerbe, dass die unter FPÖ Verkehrsminister Norbert Hofer in Auftrag gegebene Novelle des Gelegenheitsverkehrsgesetzes genau so umgesetzt wird. Und ich erwarte mir, dass man das Taxi als öffentliches, wichtiges Verkehrsmittel sieht und mit mehr Rechten ausstattet. Dies dient in erster Linie unseren Fahrgästen.

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