Etwas mehr als eine Woche ist es her, dass eine völlig unbedeutende Spiegel-Journalistin des Hauptstadtbüros dem Journalisten und Buchautor Gabor Steingart in die Parade gefahren war. Steingart ist übrigens auch Macher des Podcasts Morning Briefing und eines der wenigen verbliebenen journalistischen Schwergewichte im Land. Der Spiegel-Schreiberin hatte anscheinend nicht gefallen, dass Steingart den Publizisten Henryk Broder und seine Seite Achse des Guten verlinkt hatte. Jetzt revanchiert sich Steingart mit einem Aufruf an seine Hörer, unter anderem ihr Spiegel-Abo zu kündigen. Die Pointe an diesem Aufruf ist, dass Steingart selbst einmal Redakteur in führender Position bei dieser Zeitschrift war.
Der Anlass
Anlass für Steingarts Abo-Kündigungs-Aufruf ist aber nicht nur das Verhalten des Spiegel, sondern auch die Ankündigung der CDU-Politikerin Annegret Kramp-Karrenbauer, sich vom Parteivorsitz zurückzuziehen und auch nicht als Kanzlerin kandidieren zu wollen. Der angekündigte Rücktritt AKKs besitze laut Steingart “auch eine medienpolitische Komponente”. Dazu erklärte er laut Online-Branchendienst Meedia:
Denn die Mehrzahl der Blätter wusste anlässlich ihrer Wahl vor 14 Monaten Großes zu berichten.” Steingart zitiert die “Süddeutsche Zeitung” (“Die Vernunft hat gesiegt. Die CDU hat sich mit AKK für die sichere Variante entschieden.”), die “Frankfurter Allgemeine Zeitung” (“neue Dirigentin”) und die “Bild” (“Kramp-KarrenPower”). Steingart selbst war dagegen stets sehr kritisch gegenüber Kramp-Karrenbauer. Erinnert sei an seine Auseinandersetzung mit der Politikern in der ARD-Talkshow “Anne Will”, in der Steingart Kramp-Karrenbauers Tätigkeit als Ministerpräsidentin des Saarlandes mit einem Bürgermeisteramt verglich. Dann folgt Steingarts Aufruf zur Abo-Kündigung: Wenn Sie Geld sparen und zugleich Ihren CO2-Footprint reduzieren wollten, wäre das nun Ihre Chance: Kündigen Sie einfach die Abonnements all jener Zeitungen und Magazine, die Ihnen 2016 die Wahlniederlage von Donald Trump vorhersagten, Ihnen 2017 Martin Schulz als Retter der Sozialdemokratie ans Herz legten und anschließend Kramp-Karrenbauer als neue Kanzlerin vorstellten. So wird zumindest Ihr Medienkonsum klimaneutral. Und damit auch wirklich keine Missverständnisse aufkommen, welches Magazin er u.a. meint, zeigt Steingart in seinem Newsletter noch einmal das “Spiegel”-Cover, das den früheren SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz mit einer Art Heiligenschein als “Sankt Martin” präsentierte. Das ist natürlich nicht zuletzt deshalb pikant, weil Steingart einst beim “Spiegel” selbst in führender Rolle tätig war, ihm der Aufstieg in die Chefredaktion aber verwehrt blieb.
Falsche Vorhersagen
Kein Zweifel. Der Mann hat es mit den Mainstream-Medien wirklich ziemlich satt. Und er sieht, dass, wie schon bei Donald Trump oder Martin Schulz, gerade die sogenannten Leitmedien in ihren Vorhersagen rückschauend betrachtet mehr als falsch lagen. Trump unterlag nicht, sondern siegte entgegen aller belustigten Berichte in deutschen Zeitungen über seine bevorstehende Blamage 2016. Dafür ist Schulz gescheitert, und jetzt ist auch die über jeden grünen Klee gelobte AKK so gut wie Geschichte, bevor ihre vorhergesagte große Zeit überhaupt begonnen hat.