Im Thüringer Landtag wurde heute ein neuer Ministerpräsident gewählt. Die Wiederwahl des Ministerpräsidenten Bodo Ramelow von der Linkspartei galt als sicher. Überraschend wurde Thomas Kemmerich von der FDP zum neuen Ministerpräsidenten gewählt – mit den Stimmen der AfD.
Rot-Rot-Grün wurde abgewählt
Die Thüringer Landtagswahlen 2019 brachten keine klaren Mehrheiten. Die stärkste Kraft wurde die offizielle SED Nachfolgepartei „Die Linke“ mit 31 Prozent. Den zweiten Platz erreichte die von Björn Höcke geführte AfD mit fast 24 Prozent der Stimmen. Die AfD konnte dabei ihr Ergebnis mehr als verdoppeln. Die bisherige Rot-Rot-Grüne Regierung unter Ministerpräsident Bodo Ramelow wurde abgewählt. Sie kam auf 42 Sitze, nötig für eine Mehrheit sind allerdings 46. Trotzdem galt eine Wiederwahl Ramelows als sicher, denn niemand wollte mit der AfD “gemeinsame Sache” machen.
Altparteien stellten sich bis zuletzt stur
Der Fraktionsvorsitzende der AfD, Björn Höcke, versuchte in den letzten Wochen alles Erdenkliche zu tun, um Ramelow zu verhindern. Zunächst verzichtete er auf seine eigene Kandidatur. Er bot eine Beteiligung an einer Blau-Schwarz-Gelben Regierung an. Als die anderen Parteien immer wieder betonten, dass sie mit der Person Höckes ein Problem hätten, bot er schließlich die Koalition an, jedoch ohne seine Person in einem Regierungsamt. Es half jedoch alles nichts, die Altparteien (vor allem die CDU) stellten sich stur.
Zitterpartie im dritten Wahlgang
Jetzt gelang es Höcke doch noch, der Linkspartei ihren einzigen Ministerpräsidenten zu nehmen. In den ersten zwei Wahlgängen gab es für Ramelow keine absolute Mehrheit. Die AfD hat einen parteilosen Kandidaten aufgestellt. Dieser bekam im ersten Wahlgang sogar drei Stimmen jenseits der Reihen der AfD.
Im dritten Wahlgang dann die Sensation. Die FDP, die es nur dank 75 Stimmen überhaupt über die fünf Prozent Hürde schaffte, stellte einen eigenen Kandidaten auf. Sie ging davon aus, dass die AfD für ihren Kandidaten stimmen würde, der wieder antrat. Doch die AfD stimmte wie die CDU geschlossen für den FDP Kandidaten Kemmerich. Damit hatte er eine Stimme mehr als Ramelow – und damit ist dunkelrot-rot-grün in Thüringen Geschichte.
Der rot-grüne Mob tobt
Kemmerich nahm im Machtrausch die Wahl sofort an, vielleicht ahnte er noch nichts von dem panischen Entrüstungssturm der Gutmenschen, den er damit ausgelöst hatte. Der “rot-grüne Mob” hat kurz nach der Wahl sein blankes Entsetzen in allen sozialen Medien kundgetan. Hier die besten Reaktionen:
Heiko Maaß, Außenminister (SPD):
Sich von Rechtsextremen zum Ministerpräsidenten wählen zu lassen, ist komplett verantwortungslos. Gegen die AfD müssen alle Demokraten geschlossen zusammenstehen. Wer das nicht versteht, hat aus unserer Geschichte nichts gelernt.
Anton „Toni“ Hofreiter, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bundestag:
Ich bin fassungslos. Was heute in Thüringen passiert ist, das ist ein Dammbruch. CDU und FDP in Thüringen haben bewusst einen Ministerpräsidenten mit den Stimmen der AfD gewählt, das ist ein Pakt mit den Rechtsextremen.
Juso-Chef Kevin Kühnert:
Die Masken sind gefallen.
Charlotte Knobloch, ehemalige Vorsitzende des Zentralrats der Juden:
Die Wahl von Thomas Kemmerich zum Thüringer Ministerpräsidenten ist ein Tabubruch ohne Beispiel in der jüngeren Geschichte unseres Landes. Auch wenn es keine klaren Mehrheitsverhältnisse gab: Einen Regierungschef, der nur dank den Stimmen einer rechtsradikalen Partei ins Amt gelangen konnte, darf es in einer Demokratie nicht geben.
Höcke hat nun gute Karten
Tatsächlich war es ein genialer Schachzug von Höcke. Kemmerich und die FDP wollen nun mit der CDU eine Minderheitsregierung anstreben. Diese würde allerdings nur auf etwa 27 Prozent der Stimmen kommen. Die AfD signalisiert Unterstützung. Durch das offizielle raushalten aus der Koalition hat Höcke aber keinerlei Koalitionszwang. FDP und CDU hingegen sind auf die Güte der Höcke-Fraktion angewiesen. Scheitern sie, kommt es zu Neuwahlen. Und in den Umfragen konnte die AfD bereits jetzt im Vergleich zum Sensationsergebnis 2019 nochmal zulegen.
Linken-Chefin außer sich
Wie das Demokratieverständnis der Linken ist, zeigt sich im Übrigen im Verhalten von der thüringer Linken-Chefin Henning-Wellsow. Den Blumenstrauß, den sie dem Gewinner überreichen sollte, wirft sie Kemmerich voller Verachtung vor die Füße. Sie scheint außer sich zu sein. Doch was ein schlechter Tag für die Linken ist, ist ein historischer Tag für die AfD.
AfD bejubelt ihren Triumph
Fraktionschef Höcke ist nach seinem Sieg zuversichtlich:
Wir haben ein kleines Stück Geschichte geschrieben. Unser Wahlziel Nummer eins war es, Bodo Ramelow in den unverdienten politischen Ruhestand zu schicken und dasselbe mit rot-rot-grün als Ganzes zu tun. […] Fakt ist, noch sind wir nicht stark genug, einen eigenen Ministerpräsidenten zu stellen für die AfD. Aber wir sind bereits jetzt schon stark genug, rote Ministerpräsidenten, kryptokommunistische Ministerpräsidenten, denn nichts anderes war Bodo Ramelow, in den Ruhestand zu schicken.
Auch der außenpolitische Sprecher der AfD, Petr Bystron findet die passenden Worte dazu: