In den kommenden Tagen soll sich das türkische Parlament mit einem bizarren Gesetzesentwurf beschäftigen: Vergewaltigern von Kindern und Jugendlichen ist es vielleicht schon bald möglich, ihrer Strafe zu entgehen.
Vergewaltigung straffrei, wenn Täter sein Opfer heiratet
Wie der britische Independent berichtete, sieht der Entwurf vor, dass Vergewaltiger straffrei ausgehen, wenn sie ihr Opfer nach der Tat heiraten. Obwohl auch das minderjährige Missbrauchsopfer der Eheschließung ausdrücklich zustimmen muss, sorgt der Vorstoß nicht nur bei der Opposition in Ankara für Ablehnung. Das geplante Gesetz ist bereits jetzt vor allem als “Marry-your-rapist bill”, also “Heirate-deinen-Vergewaltiger-Gesetz” bekannt.
Scharfe Kritik an Gesetzesvorhaben
Frauenrechtsorganisation befürchten, dass Sexualstraftätern mit diesem Gesetz ein Freibrief zum Missbrauch von Minderjährigen erteilt werden soll. Die Gegner des Entwurfs fürchten, dass viele Opfer von Sexualdelikten von ihren Peinigern zu einer Heirat gezwungen werden könnten – die Täter würden damit einer Strafe entgehen, während die missbrauchten Kinder und Jugendlichen weiterhin nicht vor möglichen Übergriffen geschützt wären.
Das Vorhaben sorgt inzwischen international für Empörung, auch die Opposition in der türkischen Nationalversammlung ist entsetzt. Die oppositionelle pro-kurdische Linkspartei HDP (Demokratische Volkspartei) sieht hinter dem Gesetz einen Versuch, sogar Kinderehen und massenhaften Kindesmissbrauch legitimieren zu wollen. Bisher liegt das Schutzalter für einvernehmlichen Geschlechtsverkehr bei 18 Jahren, Kritiker befürchten, dass diese Altersgrenze mit dem “Vergewaltiger-Gesetz” umgangen werden könnte.
Nicht der erste Versuch, Vergewaltiger zu schützen
Nicht zum ersten Mal sorgt die türkische Regierung unter ihrem Machthaber Recep Tayyip Erdoğan mit einem fragwürdigen Gesetzesvorhaben für Aufsehen: Bereits 2016 sollte eine ähnliche Regelung eingeführt werden – dabei war geplant, dass die mutmaßlichen Sextäter freigesprochen werden, wenn die Tat ohne “Gewalt und Drohungen” geschah. Nach internationalem Protest wurde das Vorhaben schließlich verworfen.