Mit einer Aussendung bescherte sich die ÖVP am gesterigen Sonntag eine Riesenblamage. Hat schon jemand etwas über einen gewissen Martin Engelberg vernommen? Dieser Hinterbänkler der ÖVP im Nationalrat ist bisher faktisch so gut wie nie in Erscheinung getreten. Doch nun machte er sich mit einem Pressedienst wichtig und kritisierte dabei, dass die FPÖ eine fehlende Distanz zum Extremismus beweise. Als Argument wird angeführt, dass Identitären-Chef Martin Sellner am Akademikerball der FPÖ Wien teilnimmt. Das ist insofern schon interessant. Wird vielleicht als nächstes einer Supermarkt-Kette mangelnde Distanz zum Extremismus vorgeworfen, wenn Herr Sellner dort regelmäßig einkaufen geht?
Konter von FPÖ
Es gab sogar tatsächlich Medien, denen diese Null-Geschichte eine Berichterstattung wert war, allen voran – wie kann es anders sein – die Kronen Zeitung. Der Ballorganisator, der Wiener Landtagsabgeordnete Udo Guggenbichler, konterte prompt: Der Wiener Akademikerball sei eine öffentliche Veranstaltung. Jeder könne sich im Internet dafür Karten kaufen. Jeder Bürgerin und jedem Bürger stehe es somit frei, den Ball zu besuchen. Dieser Umstand beweise daher keine wie auch immer geartete Verbindung zwischen dem Organisator FPÖ und den Ballbesuchern.
„Engelbergs zwischen den Zeilen herauslesbare Forderung, manche Bürger von einer Teilnahme am Ball auszuschließen, halte ich für demokratiepolitisch bedenklich. Das erinnert an die späten 1930er-Jahre, wo unbescholtene Bürger aufgrund ihrer Religion ausgegrenzt wurden. Eine solche Vorgangsweise halte ich für gefährlich“, stellt Guggenbichler klar.
ÖVP soll vor eigener Türe kehren
In der FPÖ gebe es aufrechte Beschlüsse, wonach ein Mitglied der Identitären keine Funktion innerhalb der FPÖ ausüben könne. „Nur weil jemand den FPÖ-Akademikerball besucht, ist er noch lange kein Funktionär der FPÖ. Das sollte auch für Herrn Engelberg nachvollziehbar sein. Wir lassen uns von der ÖVP jedenfalls kein Ball-Besuchsverbot auferlegen“, unterstreicht Guggenbichler, der an dieser Stelle Herrn Engelberg und die ÖVP dazu auffordert, vor ihrer eigenen Türe zu kehren: „Es laufen derzeit Ermittlungen gegen den MKV wegen Wiederbetätigung, weil im Verbandsliederbuch von MKV und CV und auf der offiziellen Homepage des MKV das Lied ‚Es lagen die alten Germanen’ abrufbar war – und zwar auch die zweite Strophe mit dem Text ‚Heil Hitler, ihr alten Germanen, ich bin der Tacitus‘“.
Die Kronen Zeitung übernahm übrigens keine Zeile von Guggenbichlers Reaktion – im Gegensatz zu anderen Medien. Man darf jedenfalls gespannt sein, mit welchen weiteren Exklusiv-Meldungen der Nationalratsabgeordnete Engelberg die Öffentlichkeit beglücken wird.