Während das “Nord Stream 2”-Projekt unter US-Sanktionsdrohungen steht, könnte bald ein weiteres Gaspipeline-Projekt für internationale Verwerfungen sorgen. Am 2. Jänner wollen die Kooperationspartner Griechenland, Zypern, Israel und Italien den sogenannten „Eastmed-Vertrag“ über eine Mittelmeer-Gaspipeline unterzeichnen. Am Tisch der Vertragsunterzeichnung sollen der griechische Regierungschef Kyriakos Mitsotakis, der dem zypriotische Staatspräsident Nikos Anastasiades, der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und ein Vertreter Italiens Platz nehmen.
Während die US-Administration im Weißen Haus in Washington das Projekt „Eastmed“ im Unterschied zu „Nord Stream 2“ ausdrücklich befürwortet und unterstützt, ist die türkische Regierung in Ankara ein erbitterter Gegner dieser neuen Mittelmeer-Gaspipeline.
3.000 Meter tiefe Pipeline soll israelisches Erdgas nach Europa liefern
Konkret soll über eine in bis zu 3.000 Metern Meerestiefe verlegte Pipeline israelisches Erdgas nach Europa geliefert werden. Der Bau dieser Energie-Infrastruktur soll rund sechs Milliarden Euro kosten. Das israelische Erdgas soll aus Feldern vor der Küste gefördert werden.
An der Planung der Pipeline hat sich auch die Europäische Union beteiligt. Brüssels Begründung für die Unterstützung der Pipeline ist, dass durch Erdgaslieferungen aus Israel die Abhängigkeit der EU-Mitgliedsländer von Russland zukünftig verringert würde. In die gleiche Richtung argumentiert der amerikanische Außenminister Mike Pompeo seine Unterstützung des Eastmed-Projekts.
Türkische Intervention in Libyen Reaktion auf Eastmed-Projekt?
Außen- und sicherheitspolitische Experten, die sich mit dem Mittelmeerraum und seinen fragilen Machtverhältnissen beschäftigen, bringen auch die jüngsten Aktivitäten des türkischen Staatspräsidenten Erdogan im Bürgerkriegsland Libyen mit dem Eastmed-Projekt in Verbindung. Die militärische Unterstützung der libyschen Rumpfregierung unter Ministerpräsident Fayiz as-Sarradsch durch das Regierung in Ankara passt in eine Art Einkreisungsstrategie Erdogans gegen Europa.
Fasst die Türkei in Tripolis politisch und militärisch Fuß, dann könnte sie zusätzlichen Druck auf die Europäische Union in Sachen illegaler Einwanderung, aber auch Kontrolle des Mittelmeers ausüben und so das vom Erzfeind Zypern mitgetragene Eastmed-Projekt torpedieren.