Im Kurier vom 26. Dezember werden die Redakteure Dominik Schreiber und Kid Möchel für ihre Geschichte „Kickls geheime Leibgarde: 15 Polizisten bewachten vier FPÖ-Politiker“ abgefeiert. Denn die am 19. Juni erschienene, mit Halb- und Unwahrheiten gespickte Story, brachte es im eigenen Ranking der Zeitung auf den zweiten Platz, hinter einem Bericht über einen Ex-Neonazi.
Fakten beruhen auf Hörensagen
Wenn der Kurier also einen Beitrag hochjubelt, der in erster Linie auf Hörensagen aufgebaut war und offenbar nur darauf abzielte, dem damaligen Innenminister nach seinem Ausscheiden auf übelste Weise nachzutreten, ist man verleitet, den Journalisten und Verleger Joseph Pulitzer (1847-1911) zu zitieren, der schon damals meinte:
Eine zynische, käufliche, demagogische Presse wird mit der Zeit ein Volk erzeugen, das genauso niederträchtig ist, wie sie selbst.
Im eigenen Artikel widersprochen
Die beiden Redakteure schrieben im Juni, der Ex-Innenminister habe in seiner Amtszeit angeblich eine eigene „persönliche Leibgarde“ geschaffen, widersprachen sich dabei aber gleich selbst: „Bewacht wurden von dieser offenbar nur FPÖ-Minister“. Keine Rede plötzlich von Kickl alleine. Schreiber und Möchel, die Silbermedaillengewinner des internen Kurier-Rankings, widersprachen sich nicht nur, sondern konnten auch die Antwort auf die Frage nicht liefern, wie eine „persönliche“ Leibgarde „offenbar“ gleichzeitig auch andere bewachen könne?
Beamte des Verfassungschutzes statt Cobra-Spezialeinheit
Unzensuriert hat den Schreiber-Möchel-Artikel ja schon in allen Einzelteilen zerlegt und auch Herbert Kickl schrieb auf Facebook, dass er die hochqualifizierten Profis der Cobra nicht für gewöhnliche Begleitaktionen, wie es seine Vorgänger praktizierten, missbrauchen wollte und daher die kostengünstigere Variante, nämlich die Bewachung durch Beamte des Verfassungsschutzes, gewählt habe. Außerdem versicherte sein Büro, dass der Personenschutz auch nur im Rahmen von Kickls offizieller Ministertätigkeit erfolgt sei – privat aber nicht.
Anonyme “Polizei-Insider” als Auskunftspersonen
Weiß man das, ist der Kurier-Artikel gar nicht mehr so hochbrisant, sondern er macht den Eindruck, von vorne bis hinten konstruiert worden zu sein. Recherchearbeit dürfte heute nicht mehr so gefragt sein beim Kurier. Wichtig ist anscheinend nur, krampfhaft Böses zu entdecken. Wenn Fakten fehlen, wie bei dieser Story, müssen sich die beiden Kurier-Schreiber mit ihren Behauptungen auch noch auf eine „inoffizielle Auskunft“ und anonyme „Polizei-Insider“ berufen. Schwächer geht es wohl nicht mehr.
Dass der Kurier ausgerechnet diesen Artikel auf Platz zwei seines Rankings stellte, obwohl alle Vorwürfe längst widerlegt sind, lässt tief in die Redaktion dieses Blattes blicken.