Ein Schelm, wer denkt, dass die besinnliche Adventzeit von hartgesottenen Politmachern aus der ÖVP für heikle Entscheidungen genutzt wurde. Eine schwarze Landesrätin aus Niederösterreich stieg plötzlich zur „Operndiva“ auf und der eigentlich unabhängige Verfassungsgerichtshof (VfGH), in Wahrheit aber mit ÖVP-Mehrheit bei den Richtern, steht in Verdacht, zum Koalitionshelfer von Türkis-Grün geworden zu sein.
Öffentliche Debatte in der Adventzeit vermeiden
Ein Bürger macht sich halt so seine Gedanken. Auch der frühere Staatsoperndirektor Ioan Holender vor allem über die Bestellung der niederösterreichischen Landesrätin Petra Bohuslav (ÖVP) zur Geschäftsführerin der Wiener Staatsoper. In der ZIB 2 am Freitag sagte Holender:
Ich habe mir den Lebenslauf von Frau Bohuslav angesehen. Mit Theater hat sie nichts zu tun, mit der Oper auch nicht. Der Zeitpunkt der Bestellung kurz vor Weihnachten spricht außerdem dafür, dass man eine öffentliche Debatte vermeiden wollte.
Rot-schwarzer Postenschacher
Tatsächlich ist der Aufschrei – wenige Tage bevor das Christkind kommt – über diesen wahrscheinlich klassischen Postenschacher nicht groß. Wer eins und eins zusammenzählt, kann nur zum Schluss kommen, dass sich Rote und Schwarze, wie in der übelsten großkoalitionären Zeit, die Posten zugeschanzt haben.
Der einstige SPÖ-Kulturminister Thomas Drozda bestellte den SPÖ-nahen Bogdan Roscic zum Staatsoperndirektor ab 1. Juli 2020. Und der auch für Kunst zuständige Außenminister Alexander Schallenberg fand nun, dass Petra Bohuslav die am meisten geeignete Person für die Staatsoper wäre.
Enge Kurz-Mitarbeiterin in Findungskommission
Das ist auch deshalb so bemerkenswert, da die so genannte Expertenregierung unter Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein versprach, keine weitreichenden Entscheidungen zu treffen. Aber was tut man nicht alles im vorauseilenden Gehorsam, um später vielleicht hoch dotierter Diener seines Herrn zu werden. Dass der Findungskommission für den Geschäftsführerposten die als Leiterin von Sebastian Kurz’ Thinktank „Think Austria“ bekannte Unternehmensberaterin Antonella Mei-Pochter angehörte, sei nur so nebenbei erwähnt.
Stolperstein für Koalition aus dem Weg geräumt
Wenn es um Posten, Macht und Geld geht, ist gerade der ÖVP auch in der Weihnachtszeit viel zuzutrauen. So werden Politbeobachter den Verdacht nicht los, dass der Verfassungsgerichtshof mit seiner Aufhebung der türkis-blauen Sozialhilfereform zum Koalitionshelfer der künftigen Regierung von Sebastian Kurz (ÖVP) und Werner Kogler (Grüne) werden könnte.
Der Verdacht besteht deshalb, weil die Richter im VfGH mehrheitlich der ÖVP zuzurechnen sind. Dass gerade diese Richter die neue Mindestsicherung für verfassungswidrig erklärten, könnte damit zu tun haben, dass damit ein großer Stolperstein bei den Koalitionsgesprächen zwischen ÖVP und Grüne aus dem Weg geräumt wurde.
Exzellente Position für Verhandlungen
Jetzt kann die ÖVP ihren Wählern, die die Aufhebung der Sozialhilfereform nicht verstehen, sagen: „Schaut her, wir wollten die neue Mindestsicherung, doch der Verwaltungsgerichtshof hat entschieden!“ Und für die Grünen ergibt sich plötzlich eine exzellente Position, denn die neue Mindestsicherung von Türkis-Blau hätte bei ihren Wählern nicht standhalten können.