Das österreichische Bundesheer ist in jenem Zustand, in den es die Politik und ihre Nutznießer in den letzten 40 Jahren versetzt haben. Der schlechte Zustand wurde nun sogar vom grün-affinen Interims-Verteidigungsminister Thomas Starlinger zugegeben.
Gegenüber hochrangingen Offizieren erklärte er vor einer Woche, dass das Heer seiner Aufgabe kaum mehr gerecht werden könne. Ihm sei bewusst, dass die Grundwehrdiener in Kasernen leben, die als Flüchtlingsquartiere als zu elend abgelehnt würden. Das Heer sei nicht mehr mobil, ja sogar für Katastropheneinsätze müssten Busse angemietet werden. Ansonsten könnten die Soldaten nicht mehr helfen. Im kommenden Jahr fehlt es sogar am Geld, um die vorhandenen Kfz der Pickerlüberprüfung, also der §57a-Überprüfung, zu unterziehen.
Missverstandenes Primat der Politik
Die Probleme des Bundesheeres haben sich über die letzten Jahrzehnte entwickelt. Die Minister Hans Peter Doskozil (SPÖ) und Mario Kunasek (FPÖ) haben zwar ihr Bestes gegeben, aber sie wirkten zu kurz. Der Aufbau nach Demontage einer Armee zu höherem Verteidigungspotenzial ist ein Prozess, der bis zu zehn Jahre und mehr benötigt. Ihre Reformen wurden nie oder sehr unvollständig durchgezogen, die Bestandsbewahrer haben sich durchgesetzt.
Die Verpolitisierung auch des Bundesheeres hat zu Verzerrungen der Beurteilungen und das Beamtendienstrecht zu einem dramatischen Überhang an Verwaltung geführt, der mit Militär nichts mehr zu tun hat. Unterfinanziert, überaltert, das Budget praktisch nur mehr dem explodierten Personal gewidmet – das ist die Bestandsaufnahme für das Bundesheer kurz vor der Regierungsübernahme einer schwarz-grünen Koalition.
Wenige tausend Mann für Sicherheit
Das Bundesheer hat rund 24.000 Mitarbeiter. Davon sind allerdings nur 14.000 uniformiert. Von diesen wiederum ist nur ein Drittel als vollwertige Soldaten einsetzbar. Das ergibt inklusive der jeweils verfügbaren Grundwehrdiener je nach Jahreszeit und Auslandsengagement wenige tausend Mann, die für Inlandseinsätze zur Verfügung stehen.
Erstaunlich ist, dass das österreichische Bundesheer immer noch zu erstaunlichen Leistungen mit besonders international beachteter Qualität fähig ist. Nur dank des Idealismus und der guten Ausbildung des Kaders plus der Milizreste, des Könnens und der legendären Improvisationskunst vieler Heeresangehörigen ist diese Sicherheitsinstitution noch am Leben.
Kurz: Keine Liebe zum Bundesheer
Die Offiziersgesellschaft beklagt, dass Sebastian Kurz im Wahlkampf keine Liebe zum Bundesheer erkennen habe lassen. Erst heftige Kritik an seinen Äußerungen hätte ihm eine vage Absichtserklärung zur Budget-Erhöhung für das Bundesheer entlockt. Der potenzielle Regierungspartner war indes deutlicher: Die Grünen forderten eine Reduktion der Aufgaben, eine Abschaffung der Wehrpflicht und die Kürzung der Mittel. Brigadier Erich Cibulka, Präsident der Österreichischen Offiziersgesellschaft, warnte in einer Aussendung:
Es ist also eine Koalition im Entstehen, die das Ende des Bundesheeres herbeiführen könnte.