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Irak

2003 kamen im Irak italienische Soldaten zu Tode. Wie sich jetzt herausstellt, waren sie nicht als “Ausbildner”, sondern als Kampftruppen unterwegs.

23. November 2019 / 08:03 Uhr

Von wegen „rein humanitäre Hilfe“: Soldaten im Kriegseinsatz im Irak

Zieht ein Staat in den Krieg, bedarf es in einer funktionierenden Demokratie entsprechender Beschlüsse. In den europäischen EU- und NATO-Staaten gibt es eine verständliche Scheu davor, in den Krieg zu ziehen, sind doch beide Institutionen eine direkte Folge des Zweiten Weltkrieges, und die Parole nach 1945 lautete: Nie wieder Krieg.

Unehrliche Außenpolitik

Die Konsequenz aus formaler Bündnispflicht und mehr noch informellen Bündniszwängen führen zur Verschleierung von Kriegseinsätzen. Staaten geben vor, nur zu humanitären oder bestenfalls noch friedenserhaltenden Zwecken Truppen in einen fremden Staat zu verlegen. Kampfeinsätze, außer zur Selbstverteidigung, werden mit Nachdruck ausgeschlossen. Doch das entspricht nicht immer der Wahrheit. Diese Zweideutigkeit in der Außenpolitik wird nicht selten irgendwann aufgedeckt. Wer ertappt wird, ist bemüht, zu beschwichtigen, so derzeit gerade Italien.

Der Kriegsreporter Fausto Biloslavo enthüllte, dass die italienischen Truppen, die seit 2003 als Teil der „Koalition der Willigen“ nicht nur zur Ausbildung heimischer Polizeieinheiten im Irak stationiert sind, sondern mit Spezialeinheiten, nämlich der Task Force 44, an verdeckten Operationen teilnehmen, die es offiziell gar nicht gibt.

Heldenverehrung auf Basis falscher Annahmen

Auf die Spur brachte Biloslavo ein Angriff des „Islamischen Staates“ (IS) vor zwei Wochen, am 10. November, bei dem fünf italienische Soldaten schwer verletzt wurden. Der Angriff fand fast genau am 16. Jahrestag eines Selbstmordattentats statt, bei dem 28 Personen getötet worden waren, zum Großteil italienische Militärangehörige. 58 Personen wurden damals verletzt. Die Rückkehr der Toten nach Italien löste 2003 dort heftige Emotionen und Diskussionen aus. Es begann eine staatlich geförderte Heldenehrung, die auf der Annahme eines feigen Angriffs auf eine nicht-kämpfende Einheit beruht. Biloslavo enthüllte nun, dass dies so nicht den Tatsachen entspricht, wie die Opfer des jüngsten Attentats belegen.

Anders als von der italienischen Regierung und den Medien nach dem Attentat behauptet, war die Task Force 44 an gezielten Militäroperationen beteiligt, so auch am 10. November. Diese Operationen fanden in Zusammenarbeit mit irakischen Einheiten statt, vor allem Einheiten der kurdischen Peschmerga. Mit offiziell behaupteten Ausbildungstätigkeiten hatte die Task Force 44 nichts zu tun.

Fehlende mediale Berichterstattung

Biloslavos Enthüllung fand bisher erstaunlich wenig Aufmerksamkeit. Keine Fernsehanstalt und Tageszeitung übernahm den Bericht. Selbst die Tageszeitung Il Giornale, die ihn abdruckte, versteckte den Bericht weit hinten im Innenteil, obwohl er auf die Titelseite gehört hätte. Es ist eben eine unbequeme Wahrheit, die enthüllt wird. Das führt in den Redaktionen zu Interventionen von höchster Stelle.

Italiens Außenminister Luigi Di Maio (Fünf-Sterne-Bewegung) erklärte bei der Rückkehr der Verwundeten:

Italien ist stolz auf die Professionalität und die Leistungen seiner Männer und Frauen für die Verteidigung der Freiheit und der Werte unserer Verfassung.

Das mag schon sein, doch wäre es ehrlicher und angemessener, wenn die Politiker sich auch gemäß Verfassung die Genehmigungen für Kriegseinsätze holen würden, damit das Volk weiß, ob, wann und gegen wen man im Krieg ist.

Sicherheitsrisiko durch islamische Einwanderung

Biloslavo weist zudem auf ein Sicherheitsrisiko hin, das durch das zweideutige Verhalten der Politik entstanden ist. Die am 10. November vom IS verletzten Italiener wurden in den Medien mit unverpixelten Gesichtern gezeigt. Wahrscheinlich, so die Vermutung des Reporters, weil die Unkenntlichmachung Zweifel und Fragen aufgeworfen hätte. Schließlich seien es ja nur Ausbilder. Aus gutem Grund, so der Reporter, würden die meisten Staaten die Angehörigen ihrer Spezialeinheiten aber nicht zeigen, um sie keinen Gefahren auszusetzen.

In Italien und der EU gibt es nicht nur große islamische Gruppen, sondern auch zahlreiche IS-Sympathisanten und IS-Rückkehrer aus den Kampfgebieten. Wer kann ausschließen, dass die fünf verletzten Soldaten nicht soeben dem IS ein zweites Mal zum Fraß vorgeworfen wurden, indem man ihre Identität so unbesonnen freigab?

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