Groß war die Aufregung noch gestern, als bekannt geworden war, dass Beamte im Amt für Korruptionsbekämpfung des Innenministeriums das Handy einer Presse-Journalistin beschlagnahmen wollten. Kaum etwas hört man hingegen heute, nachdem das Ministerium offiziell bestätigt hat, dass man eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft geschickt habe, in der angeregt wird, gegen die Zeitung Österreich und deren Online-Chefredakteur Richard Schmitt wegen Verrats von Staatsgeheimnissen zu ermitteln. Darauf stehen immerhin bis zu fünf Jahre Haft.
Statt Solidarität: Lästern über Ära Kickl
Immerhin: Auf Twitter gibt es zahlreiche Solidaritätsbekundungen von Kollegen etwa vom Standard oder vom Falter. Leid kann einem Schmitt nur angesichts mancher Kollegen im eigenen Haus tun. Isabelle Daniel, „Politik-Insiderin“ bei Österreich, findet selbst keine Worte, um die Peschorn-Aktion zu kritisieren, und beschränkt sich auf einen Retweet des Standard-Kollegen Fabian Schmid. Dafür fällt ihr angesichts dieses einmaligen Angriffs auf die Pressefreiheit Folgendes ein:
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Unzählige Leaks durch schwarze Netzwerke
Tatsächlich waren die 17 Monate unter Kickl von zahlreichen illegalen Weitergaben vertraulicher Dokumente an Journalisten geprägt. Dafür mutmaßlich verantwortlich: Teile der alten, hauptsächlich schwarzen Netzwerke rund um BVT-Direktor Peter Gridling. Ihre Ziele: Verhinderung einer Reform und Weitermachen wie bisher. Das ging so lange, bis es dem Berner Club, der europäischen Vereinigung der Nachrichtendienste, zu bunt wurde und im Rahmen einer Visite mehrerer ausländischer Partnerdienste die katastrophalen Sicherheitsmängel festgestellt wurden, über die jetzt in der Zeitung Österreich zu lesen war.
Keine einzige Anzeige gegen Journalisten unter Kickl
Kickl war über die ständigen Leaks sicherlich nicht erfreut. Dennoch hat das Innenministerium in seiner Zeit keine Sachverhaltsdarstellung gegen Medien oder Journalisten an die Staatsanwaltschaft geschickt, wie dies nun unter Peschorn erfolgt ist. Kickl wollte die Probleme bei der Wurzel packen und mit einer – vom deutschen Experten Klaus-Dieter Fritsche begleiteten – Reform die Sicherheitsarchitektur im BVT massiv stärken, um auf diesem Weg permanente Brüche der Vertraulichkeit zu verhindern.
Kostete Versuch einer BVT-Reform Kickl den Job?
Gut möglich, dass den ersten FPÖ-Innenminister genau das den Kopf gekostet hat, soll doch aus dem BVT auch die ÖVP regelmäßig mit geheimen Daten versorgt worden sein, wofür im Zuge des parlamentarischen Untersuchungsausschusses Indizien bekannt wurden. Gut möglich also auch, dass genau deshalb dort jetzt ein Herr Peschorn sitzt, der lieber Journalisten verfolgen lässt, als den eigenen Stall auszumisten.