Gericht Hammer

Die Justiz verurteilt immer wieder Sozialbetrüger. Wie viele es bis dato waren und wie hoch der Schaden ist, ist statistisch angeblich nicht auswertbar.

13. November 2019 / 18:24 Uhr

Sozialbetrugsfälle in Österreich: Keine genauen Zahlen verfügbar

Man liest immer wieder vereinzelt in den Medien, dass es Menschen gibt, die beim Bezug des Arbeitslosengeldes, der Notstandshilfe, der Mindestpension oder anderen Sozialleistungen betrügen. Dies trifft etwa dann zu, wenn Personen angeben, in Österreich zu leben, aber faktisch ihren echten Lebensmittelpunkt in einem anderen Staat haben. Fakt ist nämlich, dass etwa Ausgleichszulagen, die eben zu einer Pension bezahlt werden, um eine Mindestpension zu sichern, nicht an Anspruchsberechtigte bezahlt werden müssen, wenn sie ins Ausland ziehen.

Ein türkischer Staatsbürger lebte in der Türkei auf AMS-Kosten und kam nur nach Wien, um AMS- und Behördenwege zu erledigen, wie im Juni dieses Jahres bekannt wurde. Der mutmaßliche Schaden: 17.000 Euro. Ein Ehepaar wohnhaft in Leoben-Donawitz (Steiermark) zog nach Kroatien, meldete das aber nicht. Der Ehemann bezog allerdings eine Ausgleichszulage zu seiner Invalidenpension. Ein Tullner Pensionist wiederum hatte vergessen, seine Nebeneinkünfte zu melden. Der rechtskräftige Schaden: 44.000 Euro.

Anfragen an AMS, PVA und Justizministerium

Da muss die Frage erlaubt sein, wie viele Fälle gab es eigentlich in der Vergangenheit und welcher Schaden ist entstanden? Es folgten Medienanfragen bei zwei zuständigen Trägern, der Pensionsversicherungsanstalt (PVA), dem Arbeitsmarktservice (AMS) und auch dem Justizministerium. Nach all den Antworten ist man nun nicht schlauer als vorher.

Statistische Auswertungen, aus denen klar hervorgeht, wie viele Betrugsfälle es gab, sind nicht möglich. Wenn ein Verdachtsfall auftaucht, wird dieser in der Regel angezeigt. Wenn eine Anzeige nicht direkt von einem Geschädigten wie eben PVA und AMS erstattet wird, werden die Opfer von den Strafverfolgungsbehörden üblicherweise kontaktiert, um den genauen Schaden ermitteln zu können und auch, um eine informierte Person in der Hauptverhandlung zu laden, die eine entsprechende Aussage machen kann. Wenn sich das Opfer darüberhinaus als Privatbeteiligter anschließt (also einen Ersatz des Schadens beansprucht), muss es auch in dieser Rolle als Verfahrensbeteiligter geladen werden.

Wenngleich PVA und auch AMS bei einer rechtskräftigen Verurteilung der Betrüger Rückforderungen an diese einmahnen, war es technisch nicht möglich, aussagekräftige Daten zu nennen. Ein kleiner Trost ist da zumindest, dass das AMS bekanntgab, wie viele Leistungen rückgefordert wurden, die zu Unrecht beansprucht wurden.

In einer Stellungnahme heißt es:

Das AMS hat selbstverständlich genaue Informationen über zu Unrecht bezogene Leistungen und ein eigenes Vorgehen zur Einbringung dieser Rückforderungen. In der ganz überwiegenden Zahl der Fälle beruhen Rückforderungen nicht auf dem Sachverhalt des Betrugs sondern darauf, dass bestimmte arbeitslosenversicherungsrechtlich relevante Sachverhalte zum Zeitpunkt der Berechnung der Höhe der Leistungen der Arbeitslosenversicherung (noch) nicht bekannt waren.
Einige Beispiel hierfür ist:
Änderungen bei den Lebensumständen, z.B.: Familienstand, die arbeitslosenversicherungsrechtlich relevant sind, die Dokumente dazu werden jedoch erst beim nächstem Termin beim AMS vorgelegt.
* Jemand hat auch ein geringes selbständiges Einkommen, und es stellt sich erst bei der Jahresabrechnung heraus, dass dieses jenen Betrag überschreitet, ab dem kein Arbeitslosengeld mehr gebührt. Dann erfolgt entsprechend eine Rückforderung des ausbezahlten Arbeitslosengeldes.

Rückforderungen im Zusammenhang mit gerichtlichen „Betrugsverurteilungen“ machen mit Sicherheit nur einen ganz kleinen Anteil der Rückforderungen aus. Und wie gesagt, die Rückforderungsfälle und Beträge im Zusammenhang mit gerichtlichen “Betrugsverurteilungen” (als kleiner Teil der gesamten Rückforderungen des AMS) werden dem AMS nicht systematisch rückgemeldet.

Zu den Daten über Rückforderungen insgesamt:
Bescheide über Rückforderungen:
2017: 65.657
2018. 64.975

Rückforderungssumme zu diesen Bescheiden:
2017: € 26.364.411
2018: € 27.185.519

Schade, dass in Zeiten der ständig geforderten Transparenz und modernster IT keine Auswertung nach Betrugsfällen möglich ist und offensichtlich auch die gesetzlichen Rahmenbedingen nicht angedacht wurden…

Unterstützen Sie unsere kritische, unzensurierte Berichterstattung mit einer Spende. Per paypal (Kreditkarte) oder mit einer Überweisung auf AT58 1420 0200 1086 3865 (BIC: BAWAATWW), ltd. Unzensuriert

Teile diesen Artikel

    Diskussion zum Artikel auf unserem Telegram-Kanal:

Politik aktuell

6.

Dez

14:43 Uhr

Wir infomieren

Unzensuriert Infobrief


Klicken um das Video zu laden.