Der Wiener Anwalt und Vereinsrechtsexperte Thomas Höhne warnt davor, das Vereinsrecht einzuschränken, weil den “Herrschenden” die Gesinnung bei bestimmten Vereinen nicht gefällt. Die Warnung steht in direktem Zusammenhang mit der ÖVP-Forderung nach Verbot der europaweiten Jugendvereinigung „Identitäre Bewegung“ in Österreich.
ÖVP auf Verbotskurs
Die ÖVP kündigte nämlich an, „im Septemberplenum einen Antrag auf Änderung des Vereinsrechts und damit für ein Verbot der Identitären Bewegung“ zu stellen. Zwar hat die ÖVP keinen einzigen Beweis dafür, dass die Identitären staatsfeindliche Inhalte vertreten. Es genügt offenbar, dass sich diese Jugendbewegung gegen die Überfremdung Europas einsetzt.
SPÖ vorsichtig
Der SPÖ kommt die Diskussion um die Beschränkung der Meinungsfreiheit zwar gelegen, weil sie von den eigenen Schwächen ablenkt, doch weiß man bei den Sozialisten genau, welche Konsequenzen für die Demokratie und den Rechtsstaat das haben könnte. So fordert SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner auch „nur“ „eine Änderung des Vereinsgesetzes unter Wahrung der Grundrechte“. Auch Wiens Bürgermeister Michael Ludwig zeigte sich am Montag skeptisch bezüglich eines Eingriffs ins Vereinsrecht:
Denn wenn man einmal bei einer Organisation beginnt, ist die Frage, wo das endet.
Bedenkliche ÖVP-Forderungen
Der auf Vereinsrecht spezialisierte Jurist Thomas Höhne von der Kanzlei Höhne, In der Maur & Partner in Wien-Mariahilf hält die ÖVP-Forderungen ebenfalls für bedenklich. Er habe keinerlei Sympathien für die Identitären, „aber hier geht es um Grundsätzliches”. Um einen Verein zu verbieten, „braucht es Taten, die an Kriterien des Strafrechts zu messen sind“. Wenn nun Gesinnung zum Kriterium werde, sei das gefährlich, so Höhne.
Geschmacksfrage der Herrschenden
Der Jurist stellt auch die Gretchenfrage:
Wer sagt, was radikales Gedankengut ist?
Und gibt die Antwort:
Es gibt viele Vereine, die auf ihre Art radikal sind, Attac zum Beispiel, oder Tier- und Umweltschützer. Aber das ist immer eine Frage der Sichtweise, eine Geschmacksfrage der Herrschenden.
Nur weil uns eine Gesinnung nicht gefalle, dürfe man nicht in die Grundrechte eingreifen, sagt Höhne. Damit ist der ÖVP-Forderung eine klare Abfuhr erteilt. Ihr Wunsch, den Bürgern die ihr genehme Gesinnung zu diktieren, unliebsame Meinungen zu verbieten und unbewiesene Vorwürfe zum Verbot von Vereinen zum Anlass zu nehmen, zeigt jedenfalls ein bedenkliches Rechtsverständnis der ehemaligen und wohl auch künftigen Kanzlerpartei.