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1. September 2009 / 19:40 Uhr

Öllinger ausgeliefert: Der U-Ausschuss lebt, das Immunitätsrecht ist tot

Der Grün-Abgeordnete Karl Öllinger wird ausgeliefert. Die Korruptions-Staatsanwaltschaft kann ihren Ermittlungen in Zusammenhang mit dem Grünen Spitzelskandal damit ungehindert nachgehen. Ein Ruhmesblatt des Parlamentarismus war der heutige einstimmige Beschluss dennoch nicht, denn die Immunität wird immer weiter ausgehöhlt.

Die Delikte, die Öllinger angelastet werden, lauten Beteiligung am Amtsmissbrauch sowie Verletzung des Amtsgeheimnisses. Wie berichtet, soll Öllinger den Linzer Kriminalpolizisten und Datenforensiker Uwe S. beauftragt haben, Ermittlungen zu rechtsextremen Internet-Auftritten anzustellen. Die politische Motivation des Grün-Abgeordneten: Er wollte Verbindungen zwischen Rechtsextremen und FPÖ-Funktionären konstruieren.

An sich hätte Öllinger nicht ausgeliefert werden dürfen, weil ein politischer Zusammenhang eindeutig gegeben war. Dem Schutz der Immunität setht in diesem Fall jedoch ein zweites wesentliches Interesse des Parlaments entgegen, nämlich der laufende Untersuchungsausschuss, in dem die Spitzeleien von S. im Auftrag Öllingers ein Hauptthema sind. Die Staatsanwaltschaft stoppte bis zu einem Beschluss des Nationalrats alle Ermittlungen, wobei diese Vorgehensweise höchst fragwürdig ist. Zwar darf gegen Öllinger nicht ermittelt werden, solange er unter dem Schutz der Immunität steht. Dies hätte jedoch keinerlei Einfluss auf die Ermittlungen gegen Uwe S. haben dürfen. Der Ermittlungsstopp in dieser Sache hätte jedoch auch den U-Ausschuss ausgehungert, weil keine neuen Erkenntnisse gekommen wären.

Der Immunitätsausschuss musste sich letztlich dem Druck der Staatsanwaltschaft und auch der Medien beugen um nicht zu riskieren, dass die Ermittlungen in dieser Causa völlig im Sand verlaufen. Dem Immunitätsrecht wurde damit jedoch ein weiteres Mal ein schlechter Dienst erwiesen. Der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf findet drastische Worte: "Das Immunitätsrecht in seiner jetzigen Form ist spätestens mit diesem Beschluss tot. Kein Abgeordneter kann sich noch auf irgend etwas verlassen." Graf fordert seit längerem eine Reform. Es soll klar festgelegt werden, welche Delikte durch die Immunität geschützt sind und welche nicht. "Es kann nicht sein, dass jeder Abgeordnete der Willkür der Mehrheit ausgeliefert wird, die einmal so und einmal anders entscheidet. Das geht immer zu Lasten von Oppositions-Abgeordneten."

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