Diese Woche fand in London die internationale Afghanistan-Konferenz statt. Dabei sind die europäischen NATO-Staaten, allen voran die Bundesrepublik Deutschland, den Forderungen der USA nach einer Aufstockung der jeweiligen Truppenkontingente im wesentlichen nachgekommen. Und damit läuft Europa insgesamt Gefahr, aus falsch verstandener transatlantischer Solidarität heraus gemeinsam mit den Vereinigten Staaten in die sich immer deutlicher abzeichnende Niederlage zu schlittern.
Kommentar von Andreas Mölzer, Mitglied des Europäischen Parlaments
Denn immer mehr Experten, zuletzt der bundesdeutsche Altkanzler Helmut Schmidt, weisen darauf hin, dass der Krieg in Afghanistan nicht mehr zu gewinnen ist. Und warum ausgerechnet USA und NATO siegen sollten, wo doch im 19. Jahrhundert die Briten und in den 1980er Jahren die Sowjetunion eine demütigende Niederlage einstecken mußten, vermag auf beiden Seiten des Atlantiks niemand schlüssig zu erklären.
Mehr von politischem Wunschdenken als von Realitätssinn geprägt ist der Plan, Afghanistan in einen auch nur halbwegs funktionierenden Staat zu verwandeln, wobei die Europäer eine führende Rolle übernehmen wollen. Schließlich finden fast im Jahresrhythmus internationale Afghanistan-Konferenzen statt, bei denen die EU oder ihre Mitgliedstaaten das Scheckbuch zücken und als Superzahlmeister auftreten. Erfolge gebracht hat diese Großzügigkeit auf Kosten der Steuerzahler jedoch wenig. Denn Afghanistan ist nach wie vor ein von Korruption geplagtes Land, in dem nicht die Zentralregierung in Kabul, sondern verschiedene Klanführer oder Kriegsherren das Sagen haben.
Andreas Mölzer schreibt regelmäßig in der Wochenzeitung "Zur Zeit".