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3. März 2010 / 15:00 Uhr

Flächendeckende Bürgerbespitzelung vorerst gestoppt

Der "Kampf gegen den Terror", der seit dem 11. September 2001 tief in der westlichen Welt verankert ist, führt stetig zu einer immer stärkeren Überwachung und Einschränkung der Bürger. Eine neue EU-Richtlinie zwingt ihre Staaten zu einer Vorratsdatenspeicherung, aufgrund der seit 2008 in Deutschland Telefon-, Mail- und Internetnutzung sowie Handystandortdaten gesammelt und gespeichert wurden.

Das deutsche Verfassungsgericht stellte jetzt fest, dass die Datenspeicherung mit dem Telekommunikationsgeheimnis unvereinbar ist – die Daten müssen unverzüglich gelöscht werden. In diesem Urteil ist jedoch bereits eine neue, verfassungskonforme Variante der Regelung vorgeschlagen.

Sind Deutschlands Bürger grundsätzlich terrorverdächtig? Laut der CSU ist die Datenspeicherung dringend notwendig, um "Terrorhelfer" ausfindig zu machen. Natürlich können die Daten nur durch einen richterlichen Beschluss eingesehen werden und werden ausschließlich für schwere Verbrechen benötigt – zumindest war dies das Argument der Regierung. Im Gesetz selbst war es jedoch für jede Art von Delikt möglich, Zugriff auf die Daten zu erhalten. Dies erinnert an die Kampagne des deutschen Zugangserschwerungsgesetzes, die ein unverrückbares Argument (Kampf gegen Kinderpornographie) als Flagschiff für ein Gesetz benutzte, das die Zensur des Internets in Deutschland möglich macht. Bereits jetzt werden Stimmen laut, die eine Erweiterung des Zugangserschwerungsgesetzes auf "Hassseiten" fordern – der erste Schritt zur Unterdrückung politischer Meinungen. Ebenso schwammig könnte die Definition des "schweren Verbrechens" und vor allem des "Terrorismus" enden. In Österreich etwa standen und stehen bereits Tierschützer und Vätervereinigungen unter Terrorverdacht.

Doch auch das deutsche Volk lässt sich nicht länger von der Regierung hinters Licht führen: 35.000 Bürger hatten mit ihrer Massenklage Erfolg. Nun hat das Land ein Problem, die EU-Richtlinie überhaupt umzusetzen: Die anlassunabhängige Speicherung von Daten ist durch praktisch nicht erfüllbare Auflagen eingeschränkt.

In Österreich wurde bisher noch kein Überwachungsgesetz eingeführt – Doris Bures von der SPÖ ist jedoch entschlossen, dies bis Mitte 2010 zu ändern, auch sie glaubt an die Notwendigkeit der Terrorprävention durch prophylaktische Überwachung aller Bürger. Doch ob die EU-Richtlinie überhaupt von bleibender Substanz ist, ist ebenso fraglich: Rumänien hat die verdachtsunabhängige Speicherung von Daten für menschenrechtswidrig befunden. Daraufhin ist auch die EU auf die Idee gekommen, die Richtlinie mit Hinblick auf die Grundrechte zu prüfen.

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