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6. August 2010 / 00:16 Uhr

Rumäniens Präsident dankt seinen Landsleuten fürs Fernbleiben

Von Rumänien ist dieser Tage einiges in den Zeitungen zu lesen. In erster Linie deshalb, weil das Land den Rest seiner Beteiligung am einst staatlichen Ölkonzern Petrom verkauft, der mehrheitlich ohnehin schon der OMV gehört. Und dann noch, weil dort jeder vierte Kredit Not leidet, worunter wieder die österreichischen Banken leiden, die wohl auf dem Großteil dieser uneinbringlichen Forderungen sitzen. So gesehen müssten uns die Rumänen ihre Petrom-Anteile eigentlich schenken, um die Schulden zu kompensieren, die ihre Kreditnehmer nicht zurückzahlen.

Traian Basescu - Präsident von RumänienAber da war abgesehen von der großen Wirtschaft noch eine recht interessante Meldung: Der Staatspräsident nämlich hat sich bei seinen Bürgern bedankt. Nicht etwa bei denen, die seit 20 Jahren in Rumänien fleißig arbeiten, die Schatten der ruinösen Wirtschaftspolitik Ceausescus abgeschüttelt und das Land soweit gebracht haben, dass die EU seinen Beitritt akzeptiert hat. Nein, bedankt hat er sich bei denen, die sich vor dieser großen Aufgabe gedrückt haben – bei den ehemals auch Wirtschaftsflüchtlinge genannten Arbeitsmigranten, die sich so schnell wie möglich aus dem Staub gemacht haben, um woanders mehr Geld zu verdienen als in der abgewirtschafteten Heimat.

Warum tut Traian Basescu (Bild) das, mag man sich fragen. Will er nicht einsteigen in den „Kampf um die besten Köpfe“? Denn die sind es doch gewiss, die sofort die Chance auf die große Karriere im Ausland ergriffen haben. Nein, er fordert sie auf, zu bleiben, wo sie sind. In Rumänien würde durch die Heimkehrer nur das soziale System belastet, sagte Basescu in einem Fernsehinterview, und weiter: "Stellen Sie sich vor, was wäre, wenn alle zwei Millionen Rumänen, die in Italien, Spanien, Frankreich und Deutschland arbeiten, nach Rumänien kommen würden, um hier Arbeitslosenhilfe zu bekommen, wo doch unser Arbeitslosenfonds defizitär ist." Daher müsse man diesen Menschen danken für das, was sie für Rumänien tun, indem sie dort eben nichts tun.

Was Deutschland und wohl auch Österreich betrifft, wird Basescu gewiss noch lange in Dankbarkeit verharren dürfen. Hier macht man keinen Unterschied, ob ein rumänischer Zuwanderer Arbeit hat oder nicht. Er bleibt vorerst einmal. Hier hat er’s besser als daheim, und dem rumänischen Staat ist auch geholfen. Nur einer schert schon wieder aus: Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy. Der hat von Rumänen nach ein paar Gewaltexzessen derzeit die Nase voll, insbesondere von der mobilen Sektion, und seine Regierungsmitglieder hauen auch gleich auf den Tisch. "Frankreich ist nicht dazu bestimmt, 2,5 Millionen rumänische Roma oder 9 Millionen europäische Roma aufzunehmen“, sagte Europastaatssekretär Pierre Lellouche und drohte gar mit einer Neuverhandlung der EU-Zahlungen an Rumänien.

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Ob Basescu auch diese Rumänen gemeint hat, als er den Arbeitsmigranten für ihre Abwesenheit gedankt hat, ist unklar. Fakt ist, dass viele von ihnen wohl wieder zu Hause anklopfen werden, wenn die Franzosen ihre illegalen Lagerplätze räumen und sie mit 300 Euro zur freiwilligen Heimkehr bewegen wollen. Aber wie die Erfahrung zeigt: Die Roma bleiben nicht lange, zumindest nicht in Rumänien, und so wird der Präsident sie bald wieder in seinen Dank einschließen können.

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