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22. September 2010 / 11:15 Uhr

Wohnpark Alt Erlaa: Mieter zahlen jährlich zwei Millionen Euro zuviel

Die Genossen schaffen billiges Wohnen ab. Weil sie ihre Nutzer in Zinsknechtschaft nehmen, obwohl die Darlehen schon längst zurückgezahlt sind. Statt gemeinnützig handeln sie eher "gemein" und "eigennützig" und agieren in einem System, das ihnen die Parteienlandschaft geschaffen hat. Warum auch nicht? So kommen die aufgeblähten Verwaltungsapparate – ohne dafür zu arbeiten – leicht zu Geld. Ein Gesetz, das die Leute massiv benachteiligt, hilft ihnen auch noch dabei.

Wer sich mit Genossenschaften auseinandersetzt, begibt sich auf ein schwieriges Feld. Der frühere Präsident des Verfassungsgerichtshofes, Karl Korinek, soll einmal gegenüber einem Vorstand einer Wohnbaugenossenschaft gesagt haben, dass sich das Wohungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) und das Mietrechtsgesetz (MRG) gar widersprechen. Selbst Akademiker, die sich damit beruflich beschäftigen, geben unumwunden zu, in der Sache nicht immer firm zu sein.

Kostendeckungsprinzip als Richtlinie für Gemeinnützige

Der Rechnungshof stellt in einem Bericht im September 2010 fest: "Die Mietzinsbildung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes orientiert sich am Grundsatz der Kostendeckung." Er billigt den gemeinnützigen Bauvereinigungen zwar zu, auch Gewinne machen zu dürfen, doch sollte diese Maßnahme nicht zum Nachteil der Mieter erfolgen.

Wohnpark Alt ErlaaNICHT ZUM NACHTEIL DER MIETER – Ein wichtiger Satz, den sich die Bewohner des A-Blockes im Wiener Wohnpark Alt-Erlaa (Bild) auf der Zunge zergehen lassen sollten. Denn hier läuft 34 Jahre nach Bezug die Annuitätenzahlung aus, also jenes Darlehen, das die Gesiba für die Errichtung des Gebäudes bei einer Bank aufgenommen hat. Anstatt das Nutzungsentgelt merkbar zu reduzieren, nämlich um den Kapitaldienst, der für die Darlehensrückzahlung eingehoben wurde, "schenkt" die Gesiba ihren "Mietern" durchschnittlich nur 70 Euro im Monat. Selbst bei einer Erhöhung des Erhaltungsbeitrages müssten das aber mindestens 200 Euro pro Mieter und Monat sein. So fließen allein vom A-Block in Alt Erlaa, in dem es ca. 1000 Wohnungen gibt, jedes Jahr 2,4 Millionen Euro in die Genossenschaftskasse – ZUM NACHTEIL DER MIETER.

Die Gesiba bestreitet das nicht, argumentiert aber, dass die Annuitäten (also die Dahrlehensrückzahlung) weiter eingehoben werden, um Geld für Reparaturarbeiten zu haben. So habe die Genossenschaft bereits Eigenmittel für notwendige Verbesserungen aufgewendet, welche nun die Nutzer zurückzahlen müssten. Samt Zinsen.

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Der freiheitliche Nationalratsabgeordnete Martin Graf entgegnet: "Die Eigenmittel gehören nicht der Genossenschaft, sondern den Nutzern. Das Geld ist daher nicht zurück zu zahlen." Graf verweist auf das WGG, in dem nachzulesen sei, dass Wohnbaugenossenschaften sich am Grundsatz der Kostendeckung zu orientieren haben.

Martin GrafLeidtragende der unsinnigen Annuitätenfortzahlung sind nicht nur die Bewohner in Alt Erlaa, sondern ein großer Teil jener zwei Millionen Menschen, die eine Wohnung bei einer Genossenschaft haben. Für Graf (Bild) ist das ein unhaltbarer Zustand. Er hat im Parlament umfangreiche Anträge eingebracht, um das Gesetz zu Gunsten der Bürger zu verändern: "Es soll die Möglichkeit fallen, nach der Ausfinanzierung der Wohnung weiterhin Annuitäten kassieren zu dürfen."

Fest steht: Sozial ist dieses System nicht. Laut Auskunft eines Mitgliedes des Mieterbeirates können im Wohnpark Alt Erlaa bereits 45 Prozent der "Mieter" ihr Nutzungsentgelt nicht mehr bezahlen. Fast die Hälfte aller Bewohner ist also auf Wohnbeihilfe angewiesen. Nach Zuschuss durch die Wohnbauförderung müssen die Steuerzahler jetzt auch noch Geld für die teuren Mieten hinlegen. Anstatt das Nutzungsentgelt zu reduzieren, damit das Wohnen wieder leistbar wird, hortet die Genossenschaft Millionen an Rücklagen. Graf schätzt, dass sich die gemeinnützigen Wohnbauvereinigungen dadurch rund 87 Millionen Euro Körberlgeld jährlich erwirtschaften, in Wien wären das rund 26 Millionen.

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