Zu Weihnachten gibt es heuer kein Geschenk der Regierung. Im Gegenteil: Unter dem Christbaum liegen Belastungen – vor allem für die Familien. Zwei Tage vor dem Heiligen Abend boxte die Koalition das zweite Budget des Kabinetts Faymann durch. Zu diesem Zweck hat die Regierung sogar Verfassungsbruch begangen. Und durch die gesetzeswidrige Verschiebung des Haushaltsplanes kam es im Parlament zu einer kuriosen, noch nie dagewesenen Situation: Das Budget wurde beschlossen, ohne die Fragen der Opposition zu beantworten.
FPÖ, BZÖ und Grüne hätten „gute Gründe, zornig zu sein“, meinte Parlamentspräsidentin Barbara Prammer noch im Juli dieses Jahres, als bekannt wurde, dass der Haushalt erst im Dezember abgesegnet werden sollte. Warum? Faymann und Pröll fürchteten sich vor den Wählern in der Steiermark und in Wien. In beiden Bundesländern wurde im Oktober der Landtag gewählt. Kürzungen bei Familien und Streichungen bei Sozialleistungen wären da keine gute Werbung für SPÖ und ÖVP gewesen. Doch die Menschen sind gescheiter als die Regierung offenbar glaubt – sie durchschauten dieses faule Spiel und quittierten es mit ihrer Abrechnung an der Wahlurne. Vor allem in Wien.
Glatter Verfassungsbruch
Das verspätete Budget sei außerdem ein glatter Verfassungsbruch, empörte sich die Opposition, und Rechtsexperten gaben ihr Recht. „Natürlich ist das ein Verfassungsbruch“, sagte Heinz Mayer, Dekan am Wiener Juridicum, im Standard. Professorenkollege Theo Öhlinger pflichtete in milderer Wortwahl bei und sprach von „Verfassungswidrigkeit“. Tatsächlich schreibt der Artikel 51 der Bundesverfassung vor, dass die Regierung das Budget dem Nationalrat spätestens zehn Wochen vor dem neuen Jahr vorlegen muss. De facto kann die Koalition auf das Gebot allerdings pfeifen. Solange die Mehrheit im Parlament nicht mitspielt, bleiben alle möglichen Gegenmittel „graue Theorie“ (Öhlinger).
Mitterlehner- Ministerium in Agonie
Auf deutsch: Die Regierung kann, wenn sie die Mehrheit im Nationalrat hat, machen, was sie will. Auch wenn es gegen die Verfassung verstößt. Wie eben „ein so wichtiges Budget für 2011 rübernudeln“, wie Parlamentspräsidentin Barbara Prammer es ausdrückte. Und weil die Herren Faymann und Pröll sowieso nicht zu belangen sind, haben die zuständigen Minister Fragen der Opposition zum Budget gar nicht beantwortet. Der freiheitliche Tourismussprecher Roman Haider kann ein Lied davon singen: „Das gesamte Mitterlehner-Ministerium liegt offenbar in Agonie. Anders ist es nicht zu erklären, dass die Anfragebeantwortungen zu den in den Budget-Unterausschüssen vergangene Woche gestellten Detailfragen noch immer nicht dem Nationalrat vorgelegt wurden, obwohl die Budget-Debatte schon seit Montag läuft. Eigentlich hätten die Antworten schon vor Eröffnung der Debatte vorliegen müssen.“
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Bruch von Oppositionsrechten
Da im vorliegenden Budget keine Detailpositionen angegeben sind, ist es für Abgeordnete der Opposition von essentieller Wichtigkeit, Antworten auf ihre Fragen nach einzelnen Detailpositionen zu bekommen. Dazu sind ja die Sitzungen der Budget-Unterausschüsse da, und was ein Minister oder Staatssekretär nicht gleich in der Sitzung mündlich beantworten kann, das muss er eben schriftlich nachreichen. Aber rechtzeitig, das heißt, bevor die Budget-Debatte im Plenum eröffnet wird. So war es bisher üblich. Bis Faymann und Pröll das Zepter übernahmen und diktatorisch wie selten zuvor regieren, ungeniert die Verfassung brechen, nur um die Wähler zu täuschen. Wenn Minister Reinhold Mitterlehner also keine Fragen der Abgeordneten im Parlament beantwortet, bricht er nicht nur Oppositionsrechte, sondern passt sich ganz dem Stil seiner Vorgesetzten an.