Bei Regen, Wind, Kälte und Schnee sind die heißen Sprudelquellen in Österreich beliebte Erholungsoasen. Kein Wunder – schon zu Kaiser Neros Zeiten gab es alleine in Rom elf allgemein zugängliche Thermen und 856 Privatbäder. Ungarns Hauptstadt Budapest ist mit über 120 verschiedenen Quellen und mehr als 21 öffentlichen Bädern sogar der größte Thermalkurort der Welt. Mit über 32 Großthermen und vielen kleineren Wellnessoasen auf der Landkarte – die meisten davon befinden sich im östlichen Teil des Landes – kann Österreich dennoch locker mithalten.
Foto: Horst Wagner / flickr
Die Beliebtheit großer Badeanlagen ist nämlich wie damals auch heute noch ungebrochen. Jeder Bürgermeister will sein Prestigeobjekt im Ort, kratzt die Baukosten mit Landesförderungen zusammen und errichtet einen Luxustempel der Sonderklasse. Eine Thermeneröffnung in den ländlichen Regionen tut schließlich auch dem Image des örtlichen Tourismuslandesratd ausgesprochen gut. Doch der Markt ist gesättigt, meinen heimische Experten. 7,71 Millionen Besucher waren im Jahr 2009 in heimischen Thermen zu Gast. Ähnlich dürfte auch die Zahl im Vorjahr ausgesehen haben. Für 2010 errechneten die Marktforscher von Kreutzer, Fischer & Partner ein Wachstum der Eintritte um 3,7 Prozent gegenüber 2009. Dies sei jedoch ausschließlich auf steigende Kapazitäten zurückzuführen und nicht auf Wachstumsimpulse in der Branche. Infolge des fehlenden Marktwachstums komme es hingegen zu vermehrtem Wettbewerb zwischen den vielen Standorten.
Land zog Notbremse
Und dieser Wettlauf um Kunden führt zu zahlreichen Thermenleichen. Prominentestes Beispiel ist die „Aqualux“-Therme im obersteirischen Fohnsdorf. Trotz zahlreicher Attraktionen und leicht steigender Besucherzahlen liegt die 21 Millionen Euro teure Therme weit hinter ihren Erwartungen. Seit der Eröffnung vor drei Jahren steckt sie immer noch in tiefroten Zahlen und musste sogar mit einer Landesförderung in Höhe von sieben Millionen Euro bezuschusst werden. Auch die Stadt selbst steckte praktisch jeden Cent in das Sprudelbad. 13,34 Millionen Schulden sind in der von der SPÖ dominierten Gemeinde damit letztendlich angehäuft worden. Inklusive Zinsen müssen bis 2024 mindestens 18,6 Millionen zurückgezahlt werden. So viel, dass das Land Steiermark die Notbremse zog, den Gemeinderat auflöste und einen Regierungskommissär zur Neuordnung des Haushaltsbudgets in die 8.000-Einwohner-Gemeinde einsetzte. Warnungen vor Unrentabilität wegen der vielen Konkurrenzbetriebe in der näheren Umgebung, wegen der hohen Instandhaltungskosten und wegen zu optimistischer Hoffnungen hat man einfach ignoriert.
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Asien-Krise in Niederösterreich
Ein anderes Beispiel ist in Niederösterreich zu finden. Steirische Investoren pulverten 45 Millionen Euro in den Bau, 20 Millionen kamen vom Land. Die Rede ist von der 65 Millionen Euro teuren „Asia Therme Linsberg“ in Bad Erlach, vormals lediglich Erlach. 2,5 Millionen Euro gab die ÖVP-Gemeinde für die Wassersuche im Ortsteil Linsberg aus, damit aus dem kleinen Ort in der Buckligen Welt ein Thermen-Paradies wird. Nun steht das Prestigeprojekt vor der Pleite. 500.000 Euro musste das Land Niederösterreich im Jahr 2009 als Überbrückungskredit zur Verfügung stellen. Anfang 2010 forderten die Hausbanken Kredite in Höhe von 31 Millionen Euro zurück. Von ehemals 220 Mitarbeitern sind noch 170 übrig, weitere Sparmaßnahmen nicht ausgeschlossen.
Gäste bleiben aus, Geld kommt trotzdem
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Weitere Krisenherde sind ebenfalls leicht zu finden. Der 2004 eröffneten Therme Nova im weststeirischen Köflach musste 2006 eine Million Euro überwiesen werden – zusätzlich zu den 7,3 Millionen, mit denen man den Bau gefördert hatte. Die Hundertwasser-Therme in Blumau war im Jahr 2007 mangels Tagesgästen in Insolvenzgefahr. Thermenbetreiber Rogner drohte salopp mit dem Verlust von rund 300 Arbeitsplätzen – 200 Personen wären indirekt betroffen gewesen. Der damalige Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (ÖVP) und Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ) gaben der ungewöhnlichen Geldforderung nach. Bund und Land kostete die missliche Lage damals 12,5 Millionen Euro. Im oberösterreichischen Obernberg am Inn, einer finanzschwachen 1.500-Einwohner-Gemeinde im Bezirk Ried, freute man sich im Herbst 2003 trotz heftiger Kritik auf den feierlichen Spatenstich rechtzeitig vor der Landtagswahl. 200 Arbeitsplätze hätte die neue Therme für Herz-Kreislaufpatienten schließlich bringen sollen. Doch daraus wurde nichts. 2004 stoppte die Volksbank mangels Sicherheiten den Weiterbau. Mit 15 Millionen Euro schlitterte die Thermenruine Anfang 2008 in den Konkurs. 2011 soll nun aber mit dem Bau eines Rehabilitationseinrichtung für psychosomatische Erkrankungen begonnen werden. Landeshauptmann Josef Pühringer konnte Einvernehmen mit dem Besitzer des Grundstücks erzielen.
Weitere Luxusbäder im Anmarsch
All diese Pleiten sind noch lange kein Grund, auf das eigene Bad im Ort zu verzichten, denken sich wohl viele Gemeindeoberhäupter. Nur eine Autostunde von Wien entfernt, eröffnete in Frauenkirchen im Herbst 2009 die 82 Millionen Euro teure St. Martins Therme ihre Pforten. In jenem Ort, in dem der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl seine Politkarriere als Bürgermeister begann. Am 27. September, drei Monate vor dem ursprünglichen Eröffnungstermin, konnte die um 115 Millionen Euro modernisierte Stadttherme in Wien-Oberlaa in Betrieb genommen werden. Am 8. November 2010 wurde die Tauern-Spa-Therme in Kaprun eingeweiht. Nur 40 Kilometer entfernt soll 2011 in St. Martin bei Lofer ebenfalls mit dem Bau einer Therme begonnen werden. Und das ist nur der Anfang.