„Es gilt der Primat der Politik“, sagt Verteidigungsminister Norbert Darabos und rechtfertigt so die Abberufung von Generalstabschef Edmund Entacher. Wenn man davon ausgeht, dass dies grundsätzlich richtig ist, so darf es dennoch nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass der Verteidigungsminister seine Rolle völlig falsch einschätzt.
Kommentar von Martin Graf
Darabos ist Minister und damit Mitglied der Bundesregierung, die ihrerseits als Vollzugsorgan des Parlaments fungiert. Geltende Politik ist somit die allgemeine Wehrpflicht, die vom Gesetzgeber beschlossen wurde und die Darabos zu vollziehen hat. Nun ist es einem Verteidigungsminister zweifellos unbenommen, sich über deren Sinnhaftigkeit Gedanken zu machen, einen Primat – also einen Vorrang – der eigenen Meinung gegenüber auch nur irgendetwas daraus abzuleiten, ist jedoch völlig verfehlt. Ganz im Sinne der Politik und ihrer Beschlüsse argumentiert hat hingegen der abgesetzte Chef des Generalstabs, indem er den gesetzlichen Zustand verteidigt hat.
In einem Land, in dem Meinungsfreiheit herrscht, ist es zwar ohnehin seltsam, sich über derart diktatorische Maßnahmen und deren allfällige Legitimität den Kopf zerbrechen zu müssen. Aber wenn hier schon einer die Vorrangregeln verletzt hat, so ist es Darabos, der seine private Meinung zur Wehrpflicht offenbar als Befehl an seine Untergebenen verstanden wissen will. Sich einem derartigen Befehl zu widersetzen, ist die Pflicht eines jeden, der den Primat der Politik tatsächlich anerkennt.