Der 100. Frauentag wirft seine Schatten voraus. Frauenministerin Heinisch-Hosek (SPÖ) nutzte die ORF-Pressestunde für feministische Kampfrhetorik, war sich ihrer Frauensache dabei aber so sicher, dass sie von den Journalisten auf dem falschen Fuß erwischt wurde, als diese hinterhältigerweise auch Fragen zu ihrem Aufgabengebiet als Beamtenministerin stellten. Trotz der offenbarten groben Wissenslücken über den Öffentlichen Dienst setzte sich auf der ORF-Webseite die Schlagzeile durch: „Heinisch-Hosek: Männerbündlerischen Stahlbeton anbohren“
Foto: SPÖ Presse und Kommunikation / flickr
Vom Frauentag und dem meist mit ihm Hand in Hand gehenden Feminismus wurde auch Familien-Staatssekretärin Verena Remler (ÖVP) dieser Tage ereilt, rang sie sich doch – möglicherweise mit ihrer deutschen Ressortkollegin Kristina Schröder als Vorbild – in einem ihrer seltenen Interviews gegenüber der Tiroler Tageszeitung zu folgender Bemerkung durch: „Für mich wird Feminismus sehr schnell zu Fanatismus.“ Das rief die Feministinnen sogleich auf den Plan. Dem Tonfall ihrer Kritik war zu entnehmen, dass Remler nicht übertrieben hatte. SPÖ-Frauensprecherin Wurm zeigte sich entsetzt und sprach von „gefährlicher Geschichtsverdrehung“. Dass Remler sich darüber hinaus gegen gesetzliche Frauenquoten ausgesprochen hatte, bezeichnete Wurm als „Verhöhnung aller Frauen“. Nicht minder kämpferisch die Frauensprecherin der Grünen, Judith Schwendtner. Zum 100. Frauentag zeuge Remlers Aussage „von einer Unbedarftheit, die in ihrer Position nicht zu entschuldigen ist".
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Als Dankeschön für die Aufmerksamkeit, die Remler dem österreichweit bedeutungslosen Lokalblatt beschert hatte, ließ sich dann auch noch die TT-Journalistin Liane Pichler in einem Leitartikel an ihr aus: „Wenn eine Familienstaatssekretärin gegen Feminismus und eine gesetzliche Frauenquote ist, was bleibt für Familien übrig?“, fragt sie und hinterlässt den Leser einigermaßen ratlos.
den Leim: Staatssekretärin Verena Remler.
Foto: Jakob Glaser / ÖVP
Apropos Familien: Für die ist Remler ja eigentlich zuständig und nicht für Feminismus und Frauenpolitik. Doch da zeigt sich, dass ihre kritischen Worte in der Realität keine Entsprechung finden, denn in der Familienpolitik hechelt Remler der Frauenministerin hinterher und macht – wie Heinisch-Hosek – die Väterbeteiligung an der Karenz zu jener Quote, der sich alles unterzuordnen hat. In einer Kindergeld-Bilanz feiert Remler jene 15 Prozent, die sich für die kurzen einkommensabhängigen Varianten entschieden haben, weil – no na bei nur zwei Monaten – die Väterbeteiligung höher war als bei den langen Varianten, die immer noch weitaus am beliebtesten sind. Für jene drei Viertel der Jungfamilien, in denen die Mütter zwei oder drei Jahre Babypause einlegen wollen, hat Remler allerdings nichts über, denn sie plant nun eine Evaluierung des Kindergeldes unter dem Gesichtspunkt der Väterbeteiligung: "Wir werden dann schauen, wie weit man mit den jetzigen Varianten kommt und dann uns genau überlegen, welche Maßnahmen wir setzen können, um die Varianten zu verbessern, damit wir eine nachhaltige Steigerung der Väterbeteiligung erzielen können."
Weitere Kindergeld-Verkürzung für mehr Väterbeteiligung?
Was dabei herauskommen wird, ist klar: noch kürzere Kindergeld-Modelle, die so gut wie niemand haben will. „Vielleicht sollte Remler noch ein Modell von 6 + 1 oder 3 + 0,5 Monaten anbieten. Da wäre die Väterbeteiligung bestimmt noch höher, und ihr Chef und Wirtschaftsminister würde sich freuen, dass die Mütter noch früher in den Arbeitsprozess zurückkehren“, reagiert FPÖ-Familiensprecherin Anneliese Kitzmüller mit Polemik und stellt fest, dass Remler ihren Job noch immer nicht verstanden habe: „Zur Erinnerung: Sie sind Familien-Staatssekretärin und nicht Sonderbeauftragte für Väterkarenz!"
Tatsächlich ist die Lage dramatisch: Remler hoppelt den Feministinnen in der SPÖ hinterher und bemerkt es nicht einmal. Familienpolitik nach den Bedürfnissen der jungen Familien findet nicht statt, was jedoch kaum jemandem auffällt, ganz im Gegenteil: Für die Journalistin der Tageszeitung im einst konservativen Tirol ergibt Familienpolitik ohne Feminismus und Frauenquoten nicht einmal mehr einen Sinn.