Mit dem nordirischen Vizeregierungschef und Sinn-Fein-Politiker Martin McGuinness gibt es seit letztem Freitag einen neuen Anwärter für die Präsidentschaftswahlen am 27. Oktober in der Republik Irland. Bei einem Besuch in New York gab der charismatische Politiker seine Kandidatur bekannt. McGuiness war führend in der Irisch-Republikanischen Armee (IRA) aktiv, die mit Waffengewalt für ein geeintes Irland und den Abzug der Briten aus dem Norden der Insel kämpft.
Vom IRA-Kämpfer zum Mitglied der nordirischen Regierung
Foto: Jaqian, Wikimedia
McGuinness trat 1970 im Alter von 20 Jahren der Provisional IRA in seiner Heimatstadt Derry im Westen Nordirlands bei. Bereits zwei Jahre später war er Second in Command der Derry-Division der IRA, als dort britische Fallschirmjäger am sogenannten Bloody Sunday 12 unbewaffnete Demonstranten erschossen. Im selben Jahr nahm er als IRA-Vertreter an geheimen Waffenstillstandsverhandlungen mit der britischen Regierung teil, die jedoch scheiterten. Später soll er Chef des Northern Command der IRA gewesen sein. Nach mehreren Verurteilungen wegen seiner IRA-Mitgliedschaft engagierte sich McGuinness seit Mitte der 1970er Jahre in der Sinn Fein (Wir selbst), dem politischen Flügel der republikanischen Bewegung, und stieg schnell zu einem ihrer wichtigsten Führer auf.
In den späten 1990er Jahren war McGuinness der Verhandlungsführer der Sinn Fein in den Friedensgesprächen, die schließlich 1998 zum Karfreitagsabkommen und damit dem Ende des Bürgerkrieges in Nordirland führten. In der ersten nordirischen Regierung nach dem Abkommen bekleidete er das Amt des Erziehungsministers. Seit 2007 ist McGuinness Deputy First Minister und damit Vizeregierungschef von Nordirland.
Außenseiterchancen für McGuinness
Im Gegensatz zu Nordirland, wo sie die zweitgrößte Partei nach der protestantischen Democratic Unionist Party ist, erhielt die Sinn Fein in der Republik Irland bei den letzten Wahlen nur zehn Prozent der Stimmen und erreichte damit den vierten Platz. Martin McGuinness werden dennoch Außenseiterchancen bei den bevorstehenden Wahlen zugebilligt. Die Sinn Fein befindet sich derzeit auch in der Republik Irland im Aufwind, bei den letzten Wahlen zum Dail Eireann, dem Unterhaus des irischen Parlaments, konnte die Partei ihre Sitze mehr als verdreifachen. Bereits mehrmals hatte die Sinn Fein ihre Kampagnenfähigkeit unter Beweis gestellt, so unter anderem auch bei der Abstimmung über den Vertrag von Lissabon. Insbesondere McGuinness selbst gilt als sympathisch, charismatisch und volksnah.
Ein weiterer Vorteil könnte der Verzicht der mit 17 Prozent drittgrößten Partei Fianna Fail (Soldaten des Schicksals) auf die Aufstellung eines Kandidaten sein. Fianna Fail hat ihre politischen Wurzeln ebenfalls im irischen Republikanismus und verkörpert im Gegensatz zur linksnationalistischen Sinn Fein dessen eher konservativen Flügel. Dennoch wird angenommen, dass viele Fianna-Fail-Wähler sich diesmal für McGuinness entscheiden könnten. Der Grund dafür dürfte neben dem gemeinsamen Republikanismus in der Wende der Sinn Fein weg von linken Positionen hin zur Mitte sein.
Bild: Slugger O' Toole / Flickr
In Abkehr von ihrer früheren Politik sprach sich Sinn Fein für Steuersenkungen und eine Stärkung des Mittelstandes aus. Mehr und mehr versucht die Partei inzwischen das Vakuum zu füllen, dass die orientierungslose Fianna Fail im liberal-konservativen Teil des republikanischen Lagers hinterlässt.
Friedlich zu einem geeinten Irland
Auch wenn McGuinness der Gewalt abgeschworen hat, ist sein Ziel weiterhin ein vereinigtes Irland. Er gab an, dieses Ziel jetzt mit demokratischen und friedlichen Mitteln zu verfolgen. Angesprochen auf seine Vergangenheit in der IRA sagte McGuinness, dass er diese niemals versteckt hätte. "Sowohl die britische Armee als auch die RUC (Royal Ulster Constabulary – ehemalige nordirische Polizei) ermordeten Menschen in meiner Stadt, bevor die IRA einen Schuss abgegeben hatte, und ich war Teil einer jungen Generation, die sich entschied, ihnen in der Bogside, im freien Derry entgegenzutreten, und wir traten ihnen entgegen, ich entschuldige mich nicht dafür." Jetzt sehe er sich als Friedensmacher, dem man trauen könne.
Es sei ein besonderes Zeichen, wenn sich jetzt ein nordirischer Politiker für das höchste Amt der Republik Irland bewerbe. Es verwundert nicht, dass sich McGuinness dafür einsetzt, dass auch die Nordiren an der Präsidentschaftswahl der Republik teilnehmen dürfen. Für seine eigene Kandidatur stellt McGuinness' nordirische Herkunft kein Hindernis dar. Bereits die scheidende Präsidentin kommt aus Belfast, und Nordiren können sowohl britische als auch irische Staatsbürger sein.
Gute Wettquoten
Zumindest in den irischen Wettbüros ist Martin McGuinness bereits jetzt auf der Siegerstraße. Nachdem seine Quote zwei Tage vor Bekanntgabe der offiziellen Kandidatur bei 33:1 gelegen war, liegt er jetzt mit 3:1 bereits vor seinen Mitbewerbern Michael D. Higgins (Labour Party) und Gay Mitchell (Fine Gael). Abseits der Wetten gelten jedoch weiterhin Higgins und Mitchell als Favoriten für das Präsidentenamt.