Die Karriere des politischen Jungstars Hannes Androsch schien Mitte der siebziger Jahre unaufhaltsam. Mit 23 Jahren selbständiger Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, mit 29 SPÖ-Nationalrat, mit 32 bis zu diesem Zeitpunkt jüngster Finanzminister der Republik und ab 1976 gleichzeitig Vizekanzler. Freund und Feind in der österreichischen Innenpolitik gingen davon aus, dass der Kronprinz des „Sonnenkönigs’“ Bruno Kreisky der logische Nachfolger als SPÖ-Bundesparteiobmann und Bundeskanzler wäre. Und Androsch sonnte sich in diesem Mix aus politischem Einfluss und gesellschaftlicher Macht.
Der SPÖ-Kronprinz spielt sein eigenes Spiel
Hinter den Kulissen spielte der Kronprinz allerdings sein eigenes Spiel. Er fand nichts dabei, seine Steuerberatungskanzlei Consultatio auch neben seinen Regierungsfunktionen weiterzubetreiben. Und das ehemals kleine Steuerberatungsbüro, das Androschs Vater im Arbeiterbezirk Floridsdorf gegründet hatte, nahm durch die Regierungsnähe einen kräftigen Aufschwung. Wer wollte nicht seine Steuerangelegenheiten bei einem Steuerberater haben, der gleichzeitig Finanzminister war? Das Prinzip aus Politik und Geschäft ging auf. Im Umfeld Kreiskys wurde dieses Treiben allerdings mit zunehmendem Unbehagen registriert, verstieß es doch gegen fundamentale sozialdemokratische Grundsätze.
AKH und Club 45 als Anfang vom Ende
Androsch wurde Mitglied des einflussreichen sozialdemokratischen Lobbyistenvereins Club 45, der in der vornehmen k.k. Hofzuckerbäckerei seine vertraulichen Zusammenkünfte pflegte. Sein Consultatio-Geschäftspartner Franz Bauer mischte mit der Firma Ökodata im Umfeld des AKH Monsterbaus mit, und die Consultatio hatte selbst Beratungsmandate im zweifelhaften Firmenumfeld der Krankenhauserrichtung. Als der AKH-Skandal platzte, war auch der Anfang vom Ende der politischen Karriere von Hannes Androsch besiegelt. Nach heftigen innenpolitischen Debatten musste Androsch sowohl das Vizekanzleramt, als auch die Funktion des Finanzministers räumen. Damit war der Verzicht auf die politische Nachfolge Kreiskys besiegelt.
Die Sparbücher des Wahlonkels Steiner
Doch das SPÖ-System sorgte für Androsch. Als politischer Geheimnisträger war er schon zu mächtig geworden. Nicht zuletzt der Gewerkschaftsflügel rund um Präsident Anton Benya machte sich für die einstige Nachwuchshoffung stark. Androsch wurde zum ersten sozialdemokratischen Vorstandsvorsitzenden der bürgerlichen Staatsbank Creditanstalt-Bankverein und folgte 1981-1988 dem ÖVP-Mann Heinrich Treichl nach. Diese Karriere war aber von Anfang an von Gerüchten um das steuerliche Wohlverhalten des Ex-Finanzministers überschattet. Eine Liegenschaft im noblen Neustift am Walde und die zweifelhafte Finanzierung waren der Auslöser. Obwohl Androsch bis zuletzt gegenüber den Steuerbehörden und der Öffentlichkeit behauptete, dass sein „Wahlonkel“ Gustav Steiner einen wesentlichen Teil der Finanzmittel beigesteuert hatte, gingen diese von anderen Quellen aus.
SPÖ-Finanzminister Salcher bringt Androsch zur Strecke
Eine undurchsichtige Finanzierungskonstruktion für die 10 Millionen Schilling teure Villa leitete für Androsch schlussendlich auch jahrelange Strafverfahren ein. Anfang 1984 übergab Androschs SPÖ-Nachfolger im Finanzministerium, Herbert Salcher der Staatsanwaltschaft einen brisanten Akt, der nicht weniger als 17 Bankkonten und deren zweifelhafte Genese umfasste. Dies führte zu einem veritablen innerparteilichen Konflikt, dem Salcher im Sommer 1984 dann auch zum Opfer fiel. Die Verfahren gegen den Ex SPÖ-Finanzminister gingen weiter und endeten für Androsch 1988 und 1991 mit Verurteilungen wegen falscher Zeugenaussage und Steuerhinterziehung. Das bedeutete zwar das Ausscheiden aus der CA, aber bis heute ist Androsch in SPÖ Kreisen der gefeierte Star von einst.
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