Der EU scheint die Informationsfreiheit im Internet ein Dorn im Auge zu sein. Ständig kommen neue Pläne ans Licht, die Überwachung der Bürger auch in diesen virtuellen Raum auszudehnen. Der neueste Vorschlag kommt von zwei Europapolitikern, die einen Überwachungsmechanismus in allen internetfähigen Geräten fordern: Dieser soll sämtlichen Internetverkehr zwei Jahre lang speichern.
Foto: Aythami Melián Perdomo / wikimedia / (CC BY-SA 2.5)
Für den neuen Entwurf haben sich die Europaabgeordneten Anna Záborská, slowakische Politikerin des ÖVP-Äquivalents, und der ItalienerTiziano Motti, ebenfalls von der EU-Partei der Christdemokraten, zusammengeschlossen: Gemeinsam wollen sie die Bezieher von Kinderpornografie ausforschen und bekämpfen – das Totschlagargument schlechthin, wenn die Überwachung der Bürger einmal wieder verbreitert werden soll.
Mit einer gehörigen Prise Ironie haben die beiden deshalb ihre Presseaussendung zur neuen Initiative betitelt: "Data Retention Directive: the fight against paedophiles and sexual predators on the net, respecting citizens' right to privacy", in etwa "Datenspeicherungsrichtlinie: Der Kampf gegen Pädophile und Sexualstraftäter unter der Berücksichtigung des Bürgerrechts auf Privatsphäre." Wie ein Mechanismus, der sämtlichen Internetverkehr volle zwei Jahre speichert, die Privatsphäre der Bürger schützen soll, ist fraglich. Die Argumentation scheint jedenfalls darauf hinauszulaufen, dass die Bürger die Aufzeichnungen ja nutzen können, um vor Gericht ihre Unschuld zu beweisen – im Falle einer falschen Anklage beispielsweise.
Behörden können Daten jederzeit entschlüsseln
Die Daten werden in verschlüsselter Form abgespeichert, unter anderem sollen die Behörden den Schlüssel erhalten und wären somit in der Lage, jederzeit den Datenverkehr aller Internetbenutzer zu durchsuchen. Ein Artikel eines "Experten für Datensicherheit", Fabio Ghioni, der den Vorschlag mit wehenden Fahnen zu verteidigen sucht, stellt trotzdem fest, dass die Datenspeicherung "nichts mit Überwachung zu tun hat". Es solle nur verhindert werden, so die darauf folgende Erklärung, dass Menschen sich anonym im Internet äußern können.
Wie wenig Ahnung die Politiker von der Materie haben, geht aus den Vorschlägen hervor, wie das System realisiert werden soll: Der Überwachungscode soll bereits im Kern der Betriebssysteme integriert sein, "deswegen wird die Hilfe von Microsoft, Apple und Linux nötig sein". Doch selbst wenn die beiden Softwaregiganten den Überwachungsmechanismus in alle europäischen Versionen integrieren, ist das Betriebssystem Linux in seiner Natur quelloffen – das bedeutet, jeder Programmierer kann mit wenig Aufwand Teile daraus entfernen oder umgehen. Um dies zu verhindern, müsste die EU die Installation unautorisierter Software verbieten und offene Betriebssysteme somit illegalisieren.