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EZB

21. November 2011 / 23:04 Uhr

Anschnallen zur Notlandung: Finanzkrise, Teil 2

Die Finanzbranche wiederholt gerade den Fehler, den sie schon vor fünf Jahren begangen hat, ist der britische Finanzblogger David Malone überzeugt. Waren es damals Hypotheken auf amerikanische Häuser, die eine globale Finanzkrise ausgelöst und zahlreiche Banken in oder kurz vor den Ruin getrieben haben, so sind es heute ähnliche Geschäfte mit den Anleihen europäischer Staaten, die ihrerseits kurz vor der Pleite stehen. Auf seinem Blog Golem XIV beschreibt Malone die Ähnlichkeiten. Wie damals die Lehman Brothers, so gibt es seit kurzem auch schon das erste prominente Opfer der Staatsanleihen-Krise: das riesige US-Brokerhaus MG Global. Hier geht’s zum englischen Original-Kommentar,

Anschnallen zur Notlandung – Credit Crunch 2

David Malone

David Malone

David Malone
Foto: www.debtgeneration.org

Es tut mir leid, dass dieser Artikel so lang geraten ist. Aber ich möchte damit erklären und versuchen, verständlich zu machen, was die Banken uns NICHT sagen wollen. Ich denke, es ist Zeit, dass Sie sich anschnallen und die Abbildung vor Ihnen im Sitz genau studieren, die beschreibt, wie man sich im Fall einer Notlandung zu verhalten hat.

Im Prinzip befinden wir uns bereits mitten in einer neuerlichen Finanzkrise, einem Credit Crunch 2: der Zusammenbruch des Kredit- und Bank-Finanzierungsapparats. Was uns die Banker darüber weismachen wollen, sei es nun Buiter bei der CitiBank oder die Stahlhelm-Brigade der Deutschen Bank, ist natürlich, dass alle Schuld bei den einzelnen Staaten und Regierungen läge. Aber dem ist nicht so, jedenfalls nicht so einfach.

Bereits einmal ist ein Multi-Milliarden-Dollar-Broker, die MF Global, kollabiert. Jetzt steht eine Ein-Billiarden-Dollar-Bank, die UniCredit, am Rande des Zusammenbruchs, während zwei europäischen Nationen mit jeweils genug Schulden, um damit ganz Europa in den Ruin zu stürzen, nämlich Italien und Spanien, verzweifelt versuchen,  sich Euros von der EZB und US-Dollars von der Federal Reserve zu pumpen. Erst vor wenigen Tagen schossen die für spanische Staatsanleihen geforderten Renditen in nicht mehr erschwingliche Dimensionen. Auch die Renditen der französischen Staatsanleihen tendieren nach oben. Es ist so, als ob ein ganzer Zug über einem Abgrund hängt: jeder Wagen, der über die Kante rutscht, erhöht die Zugkraft nach unten, während das dagegenwirkende Gewicht immer geringer wird. Dabei steht der Lokführer in der Lokomotive am Anfang des Zuges, in unserem Falle die EZB bzw. Deutschland, vor der schicksalhaften Entscheidung, ob er den ganzen Zug nochmals mit aller Kraft zurückreißen kann oder besser die Kupplung löst, um zumindest sich selbst zu retten.

Ansteckungsgefahr unter Banken

Es gibt eine ansteckende Krankheit, die mitten in Europa stattfindet, aber die "Ansteckungsgefahr" ist beileibe nicht diejenige, die uns unsere schwachsinnigen Medien und gehirnverbrannten Politiker einreden wollen. Die Ansteckung, vor der die Märkte Angst haben, ist diejenige der Banken. Der dringende Bedarf der Staaten nach Kreditaufnahme ist das radioaktive Material, aber die Bombe selber sind die Banken.

Immokrise

Immokrise

Was vor fünf Jahren amerikanische Immobilien waren sind heute
europäische Staatsanleihen: Die Subprime-Krise wiederholt sich.
Foto: The Truth About / WIkimedia (CC BY-SA 2.0)

Ich will erklären, wie ich das meine. Ich möchte aufzeigen, dass das, was die Banken gegenwärtig betreiben, fast eine exakte Kopie der Vorgänge ist, die schon einmal zur Finanzkrise geführt haben, zu Credit Crunch 1. Diesmal läuft dasselbe mit Staatsanleihen, was das erste Mal mit amerikanischen Hypotheken passierte. Es handelt sich erneut um eine Krise, die von den Banken heraufbeschworen wurde, genauso wie seinerzeit die Subprime-Hypothekenkrise.

Um zu verstehen, warum der Anstieg der Fremdkapitalkosten für Italien und Spanien und die Sorgen eines Zusammenbruchs von Griechenland plötzlich zu einer "Ansteckungsgefahr" geworden sind, – so lautet der apokalyptische Begriff, der jetzt in Bankerkreisen zirkuliert -, muss man sich ansehen, warum und wie es zur Implosion von MF Global kam. Das mag aussehen, als ob ich vom Thema ablenken wollte, aber es ist das eigentliche Thema. Der Zusammenbruch von MF Global ist nämlich das Fenster, durch das man ersehen kann, wovor die Banker so große Furcht haben.

MF Global als zweiter Fall Lehman?

MF Global war nicht nur irgendein riesiger Broker, nein, das Unternehmen war einer der Champions der Branche. Es war wegen seiner Größe und Stabilität die erste Wahl der größten und vertrauenswürdigsten Banken und „verkaufte“ täglich im Handel mit der Federal Reserve Billionenbeträge von US-Schulden. Der Chef von MF Global war Jon Corzine, der ehemalige Leiter des Investment Banking bei Goldman Sachs und frühere Gouverneur des Bundesstaates New Jersey. Man sollte dabei natürlich nicht auf die Idee verfallen, dass es so etwas wie eine Drehtür zwischen Finanz- und Regierungspositionen gibt.

Und doch kam es zum Zusammenbruch von MF Global. Wie man im Guardian lesen kann, kam es dazu wegen der laxen Aufsicht, die nicht bemerkte oder nicht bemerken wollte, dass zum Zeitpunkt des Crashs
…Ende Juni MF Global Schulden in Höhe von 44,4 Mrd. Dollar gegenüber bloß 1,4 Mrd. Dollar an Eigenkapital hatte.

Der bekannte Topos der "laxen Aufsicht" geht Hand in Hand mit dem Begriff "Rogue Trader" [Schurken-Händler], womit die Banker gerne die Ereignisse erklären bzw. uns diese Erklärung unterjubeln wollen. Mit "laxer Aufsicht" und "Rogue Trader" sollen einige wenige Personen zum Sündenbock erklärt werden und von der Frage ablenken, ob die Ereignisse nicht eine direkte Folge der Verhaltensweise der Banken sind, also jener Verhaltensweise, wie sie generell üblich und branchentypisch ist.

Enormer Hebel als Auslöser der Pleite

Unbestreitbar ist die massive Hebelwirkung. Dabei muss man hinterfragen, was diese Hebelwirkung ausgelöst hat. Ich zitiere dazu einen Bericht von Associated Press, den ich im Business Insider gefunden habe; seine Überschrift lautet: "MF Global ist das erste große US-Opfer der europäischen Krise". Dieser Bericht gehört zu einer Serie ähnlicher Geschichten zum Thema "Es handelt sich um eine Krise der europäischen Staaten…".Gleich am Anfang heißt es: "Die europäische Schuldenkrise hat ihr erstes großes Opfer an der Wall Street gefordert …" Wie es dazu kam, erfährt man erst später in dem Artikel:
MF hatte ein Engagement in staatlichen Schuldverschreibungen aus Italien, Spanien, Belgien, Portugal und Irland in der Höhe von netto 6,29 Mrd. Dollar angehäuft. Davon entfielen 1,37 Mrd. auf Portugal und Irland, die sich beide bereits unter den von der EU gespannten "Rettungsschirm" flüchten mussten. Mehr als die Hälfte stammte aus Italien, dessen Finanzierungskosten in den letzten Tagen sprunghaft stiegen, da die Anleger wegen der schwankenden Finanzlage des Landes zunehmend besorgt waren. (Hervorhebung von mir)

Nun hatte niemand MF Global gezwungen, diese Anleihen zu kaufen. MF Global hätte genauso gut deutsche Anleihen kaufen können, nur hätte man dabei viel weniger Rendite erzielt. MF Global hatte stattdessen zwielichtige Anleihen auf dem Sekundärmarkt aufgekauft, die von anderen Leuten abgestoßen wurden. Das Konzept lautete: billig übernehmen und abwarten, bis ein "Rettungsschirm" aufgespannt würde.

Jon Corzine

Jon Corzine

Der Chef von MF Global ist der frühere Gouverneur des Bundesstaates
New Jersey, Jon Corzine, ein ehemalige Goldman-Sachs-Mann.
Foto: Paul Lowry / flickr (CC BY 2.0)

Deshalb haben wir jetzt diese massive Hebelwirkung auf Subprime-Aktiva, diesmal allerdings nicht Hypotheken, sondern Anleihen, die gezielt ausgewählt wurden. Sie wurden nach den gleichen Kriterien gewählt wie Subprime-Hypotheken – ihr hohes Risiko machte sie lukrativer als sichere Werte. Die gleiche Gier, die gleiche blödsinnige Philosophie. Und dieselben Leute.

Aber Corzine war noch nicht am Ende. Oh nein, noch lange nicht. MF Global ging nach exakt demselben Finanzierungsmodell vor wie Bear Stearns, Lehman Brothers, Northern Rock und unzählige andere. Ihre tägliche Finanzierung beruhte großteils auf kurzfristiger Kreditaufnahme. Warum kurzfristige Kreditaufnahme, wo diese doch im Nachhinein so instabil erscheint – insofern, als bei Auftreten eines Problems nur wenig Zeit bleibt, um dieses auszuräumen, bevor einem das Geld ausgeht? Natürlich deshalb, weil es billig ist. Klar. Man kauft riskant ein, weil es billig ist und eine hohe Rendite bietet (bis es dann eben zum Krach kommt) und gleichzeitig nimmt man Kredit kurzfristig auf, weil es ebenfalls billig, wenn auch instabil ist. Hier sind die Genies des Bankwesens am Werk, die aus der Krise 2008 nichts gelernt haben!

Repo-Geschäfte mit faulen Anleihen

Professionelle Buchhalter könnten diese Geschichte noch mit vielen weiteren Details ausschmücken. Ich begnüge mich hier mit einer verkürzten Version. MF Global nahm also Kredit auf, um sich selbst zu finanzieren, aber mit welchen Sicherheiten? Erinnern wir uns an Lehman Brothers und ihren berüchtigten Repo-105-Geschäfte? Bei Repo-Geschäften wird ein Vermögenswert "verkauft" mit einer fixen Vereinbarung über dessen Rückkauf zu einem vereinbarten etwas höheren Preis zu einem festgelegten Zeitpunkt. Obwohl hier technisch etwas "verkauft" wird, handelt es sich eigentlich um ein Darlehen, da der Vermögenswert ja wieder zurückkommt und auch das Geld mit Zinsen zurückerstattet wird. Alle Banken tätigen Repo-Gechäfte für kurzfristige und Übernacht-Finanzierung.

Lehman tätigte ebenfalls Repo-Geschäfte, übertrieb aber den Wert der eigenen Vermögenswerte, um mehr "borgen" zu können, als diese tatsächlich wert waren. Mit dieser Taktik blieb man aber auf der Strecke, als die Gläubiger die Bewertung von Vermögenswerten nicht mehr akzeptierten oder eben die Vermögenswerte gar nicht mehr annahmen. MF Global verwendete seine zwielichtigen europäischen Anleihen als Sicherheiten. Man gab ihnen geradezu mythische Bewertungen und betrieb damit Repo-Geschäfte. Aber es kommt noch besser. Die besondere Art des Repo-Geschäfts, um das er hier geht, heißt "Repo to maturity". Was nichts anderes bedeutet als eine Vereinbarung, dass die kurzfristigen Repo-Geschäfte solange umgeschuldet und erneuert werden, bis die Anleihe "gereift" war (also "Maturität" erlangt). Das ist ganz legal. Doch man muss dazusagen, dass das hier geltende Gesetz von den Finanzfirmen selbst verfasst wurde. Die wichtigste Regel dabei ist die, dass "Repo to maturity"-Geschäfte NUR mit absoluten AAA-Anleihen wie etwa amerikanischen Anleihen erfolgen sollen. MF Global tätigte sie aber mit italienischen, griechischen und spanischen Anleihen. Man gab eben vor, es handle sich um AAA-Anleihen, selbst wenn man diese zu Preisen erworben hatte, die von AAA meilenweit entfernt waren. Und die internationalen Agenturen für Rechnungslegungsstandards und Bankaufsichtsbehörden "bemerkten" dies entweder nicht oder ließen es einfach durchgehen, ohne Sanktionen folgen zu lassen.

Das Beste war aber, dass MF Global die Repo-Geschäfte als tatsächliche Verkäufe auswies. Das war frech, aber war es verboten? Die Antwort lautet jein. Jedenfalls, und das war schlimm genug, wurde ein Großteil dieser Geschäfte in der Bilanz nicht richtig ausgewiesen. Indem man sie als Verkäufe verbuchte, konnte das Unternehmen behaupten, dass man das mit ihnen verbundene Risiko (es ging ja um zwielichtige Anleihen aus Ländern mit instabilen Wirtschaftsdaten) ebenfalls los geworden sei. Verkauft wurde laut Bilanz an einen "Käufer". Aber es gab in Wirklichkeit gar keinen Käufer, denn es handelte sich nur um Repo-Geschäfte.

Billige Kredite aufgenommen

Ich sage hier 'nur', aber MF Global war an sich froh darüber, dass es sich nur um Repo-Geschäfte handelte. Das war nämlich lukrativer als jeder Verkauf. Und genau darum ging es bei den Deals von MF Global. Die 'Zinsen', die MF Global auf diese Anleihen lukrieren konnte, waren ziemlich hoch, weil es sich eben um zwielichtige Papiere handelte. Dies war auch der eigentliche Grund, warum sie gekauft wurden. Auf der anderen Seite sind die Zinsen für kurzfristige Repo-Geschäfte relativ niedrig. MF Global kaufte also zwielichtige Anleihen, die hohe Zinsen erbrachten, und setzte sie danach ein, um zu einem niedrigeren Zinssatz Geld zu leihen. Diese Art der Kreditaufnahme ermöglichte nicht nur eine zunehmend stärkere Hebelwirkung, ja man konnte auch noch Geld daran verdienen, indem man höhere Zinsen für die Anleihen lukrierte als man Zinsen für die Kreditaufnahme leisten musste, wofür diese Anleihen als Sicherheiten dienten. Das klingt vielleicht ein wenig verworren. Banker bezeichnen diese Art des Zinsendifferenzgewinns als Arbitrage und denken, dass sie damit sehr clever handeln. Jeder, der dieses Spiel durchschaut, könnte aber ebenso gut als richtiger Banker auftreten.

 

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Lehman Brothers lassen grüßen: Die Pleite von MF Global lief
nach demselben Schema ab..
Foto: Truthout.org /flickr (CC BY-NC-SA 2.0)

Allerdings wurde ein Punkt dabei vernachlässigt. Dasselbe war bereits Lehman Brothers passiert. Denn egal, zu welchen Buchhaltungstricks man griff, wurden die Anleihen ja nicht wirklich verkauft, sondern sie waren bloß Gegenstand eines Repo-Geschäfts und das heißt, dass das Risiko (des sinkenden Wertes der Anleihen) bei MF Global verblieb. Im Gegenteil, das Risiko wurde immer größer. Es war nicht nur das ursprüngliche Risiko, dass die zwielichtigen Anleihen an Wert verlieren würden, sondern es kam nun ein weiteres, viel größeres Risiko hinzu, da man weitere Kredite aufgenommen hatte, für die die zweifelhaften Anleihen als Sicherheiten dienten. Aufgrund dieser Hebelwirkung hatte sich, wie wir schon wissen, das Risiko von MF Global vervielfacht.

„Margin Call“ war das Ende für MF Global

Als nun der Wert der italienischen und spanischen Anleihen zu sinken begann, sank natürlich auch ihr Wert als Sicherheiten und MF Global musste plötzlich zusätzliches Kapital/Geld nachschießen, um die Differenz auszugleichen. Das bezeichnet man im Fachjargon als "Margin Call". Und genau an diesem Margin Calls ging MF Global zugrunde. Sie konnten kein Geld mehr nachschießen, weil es ihnen ausgegangen war (sie hatten alles ausgegeben für den Kauf von zwielichtigen Anleihen) und konnte auch kein Geld mehr leihen, weil alles, was sie an Sicherheiten hatten, eben diese Anleihen waren, deren Wert ständig sank; dazu kam dann noch die ebenfalls immer stärker werdende Hebelwirkung, die ein solch verrücktes Ausmaß annahm, dass die sich immer mehr auftürmenden Verluste schließlich zum Zusammenbruch führten.

Somit haben wir eine fast exakte Replik der ursprünglichen Subprime-Kreditkrise und das von den gleichen Leuten verursacht, die diese schon das erste Mal ausgelöst hatten und dafür nie bestraft oder auch nur getadelt wurden, nein, die stattdessen sich selber mit Millionen an Boni belohnen durften.

Um es nochmals zusammenzufassen: MF Global investierte in Subprime. Nur waren es dieses Mal Subprime-Anleihen und nicht Subprime-Hypotheken. Diese Subprime-Anleihen wurden in krimineller Weise gehebelt, man gab vor, dabei kein Risiko eingegangen zu sein, was aber nicht stimmte, und wurde dann erwischt, als der Wert der Anleihen runterging und die Schulden nicht mehr bezahlt werden konnten, die man eingegangen war, indem man die Anleihen als Sicherheiten verwendete. Ich muss mich jetzt nochmals wiederholen, um deutlich darauf hinzuweisen, dass es sich tatsächlich um eine Wiederholung der Subprime-Kreditkrise handelt.

Nicht nur eine Kakerlake in der Küche?

Und genauso wie bei der ersten Subprime-Kreditkrise heißt das, wenn eine Bank kracht, bleiben alle anderen, denen sie Geld schuldet, mit ihren eigenen Verlusten über.

Lassen wir jetzt mal MF Global beiseite, denn es gibt, wie ein Witzbold kommentierte, in einer schmutzigen Küche bekanntlich nicht nur eine Kakerlake. Diese Logik brachte beinahe einen weiteren Broker zu Fall, nämlich Jeffries. Seine Aktie fiel in den Keller, als das Gerücht aufkam, das Unternehmen hätte ebenfalls zu viele europäische Anleihen gekauft. Jeffries sah sich zu der äußerst ungewöhnlichen Maßnahme veranlasst, jede einzelne Anleihenposition zu publizieren, die man besaß. Erst danach erholte sich die Aktie wieder.

CDS

CDS

Kreditausfallversicherungen, sogenannte Credit Default Swaps,
sorgen für Ansteckungsgefahr innerhalb der Finanzbranche.
Foto: pameladrew212 / flickr (CC BY-NC 2.0)

Bei einigen anderen Banken führte ihr Engagement zu weniger spektakulären Folgen, etwa bei Goldman Sachs und JP Morgan. Bei ihnen ging es nicht so sehr darum, dass sie selber zu viele europäische Anleihen besessen hätten, sondern dass sie vielmehr der auslösende Faktor für einen anderen Teil der gesamten Subprime-Krise waren, den wir bisher noch nicht erwähnt haben, nämlich die CDS-Versicherungen. Goldman und JP Morgan gehören zu den weltweit größten Terminbörsehändlern. Aus ihren Geschäftsberichten geht hervor, dass sie untereinander "Versicherungsschutz" für über 5 Billionen Dollar weltweit verkauft hatten. Niemand weiß, wie viel davon in Verbindung mit zwielichtigen europäischen Schuldtiteln steht und klarerweise erfährt man darüber weder von Goldman noch von JP Morgan etwas.

Bei der Subprime-Kreditkrise Credit Crunch 1 war es die AIG, die einen Großteil der kurzfristigen Finanzierung und einen Großteil des CDS-Versicherungsschutzes bereitgestellt hatte. Wer weiß, wer dieses Mal die wichtigsten Betreiber sind. Aber man darf sicher sein, dass auch diesmal dieselben Kreditgeschäfte betrieben werden und das nicht zu knapp. Dahinter steht dieselbe Logik, die auch MF Global dazu verführt hatte, Schuldtitel zu kaufen. Die Logik, die besagt, dass es sich bei den Emittenten um Länder handelt, die einfach zu groß sind, um unterzugehen, sodass man sie letztendlich unter einen "Rettungsschirm" stellen würde und sei es um den Preis, dass zu diesem Zweck die Demokratie ausgesetzt würde. Wer sich dieser Logik anschließt, der verkaufte eben CDS-Versicherungsschutz und steckte die Prämien dafür ein.

UniCredit erstes Opfer unter den Banken?

Damit sind, so glaube ich, alle Aspekte erfüllt, die wir schon bei der Subprime-Krise hatten. Deshalb sprach ich von den Staatsanleihen und Staatsschuldverschreibungen als dem spaltbaren Material, während der Bombenbau als solches und die Erzielung der Sprengkraft durchwegs auf die Banken zurückzuführen ist, so wie es bereits das erste Mal nach dem gleichen Aufbauschema und mit der gleichen Gier passierte.

UniCredit

UniCredit

Steht der große Knall bei der UniCredit unmittelbar bevor?
Foto: nEmoGruppo / flickr

Und wie schnell das gehen kann, haben wir jetzt bei der UniCredit gesehen. Im letzten Quartal verzeichnete die Ein-Billionen-Euro Bank plötzlich einen "überraschenden" 10,6 Milliarden-Euro-Verlust innerhalb eben diesem letzten Quartal! Die Anleihen gelten jetzt als Schrott, während die Bank allein im kommenden Jahr weitere 51 Milliarden Euro zur Refinanzierung ihrer Schulden aufbringen muss. Für mich heißt das BUMMM! Es wäre aber nur die erste Bank. Es wird sicher nicht die letzte sein. Es wird weitere geben, und die Zusammenbrüche dicht hintereinander erfolgen.

Warum machte die UniCredit plötzlich einen solchen Verlust? Was war im letzten Quartal passiert? Es ist richtig, dass spanische und italienische Anleihen sehr viel an Wert verloren haben. Hatte die UniCredit vielleicht zu viele davon? Unmöglich, höre ich den Einwand. Wer würde denn so dumm sein. UniCredit macht für die Verluste ihre Tochterunternehmen in Kasachstan und der Ukraine verantwortlich. Aber was haben diese denn getan, um derartig monumentale Verluste einzufahren? Fazit ist, dass UniCredit nun verzweifelt versucht, Teile des Gesamtunternehmens abzustoßen.

Die Banken wissen jedenfalls, was los ist. Jede von ihnen kennt genau die Risiken und Verluste, die sie versteckt hält und weiß somit auch, dass es bei den anderen Banken genauso zugeht. Genau wie bei Credit Crunch 1, bei der ersten Finanzkrise, ist das Interbankengeschäft zum Erliegen gekommen, nachdem sowohl Libor- als auch Repo-Märkte in Unordnung geraten waren.

Banken in Panik: Jetzt bloß keine Demokratie!

Ich vermute daher ganz stark, dass dies die wirklichen Gründe sind, warum sich die Banken in absoluter Panik befinden und ein Geschrei darüber anstellen, dass die EZB mehr und mehr Geld nachschießen soll und warum jegliche Wahlen und Abstimmungen jetzt unter keinen Umständen stattfinden dürfen, um nicht die reibungslosen Abwicklung des von den Banken angestrebten Planes zu stören. Es gibt eine immense Ansteckungsgefahr, aber es ist eine solche, die die Banken betrifft, hervorgerufen durch ihre Subprime-Gier und die dadurch immer wieder aufs Neue ausgelösten Pleiten.

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