Mit der PISA-Studie an unseren Schulen ist es wie mit dem verlorenen Triple-A für Österreichs Wirtschaftspolitik: Wenn allseits beklagte verheerende Zustände sich schwarz auf weiß in einem offiziellen Ergebnis niederschlagen, folgt ein lauter Protest-Aufschrei. In Österreichs Schulpolitik hat sich die SP bei ihrem Rückzugsgefecht auf Bundes- als auch auf Wiener Landesebene auf die Argumentation verständigt, nicht hohe Migrantenanteile hätten Schuld, auch wo Kinder mit deutscher Muttersprache die Mehrheit bilden würden, sei es nicht besser. So soll wenigstens der Multikulti-Irrweg tabu bleiben, wofür man zu statistischen Tricks greift.
Das migrantische Monatsmagazin biber bringt auch im Februar 2012 wieder einige interessante Reportagen. Den Anfang macht ein Interview mit dem frommen Moslem und Halbmarokkaner Asdin El Habbassi (25), nun neuer Chef der Jungen ÖVP in Salzburg, mit dem wir uns auf Unzensuriert.at näher auseinander setzen.
hoher Migrantentanteil in Wiens Schulklassen verleugnen.
Foto: Sameer Vasta / flickr
Noch interessanter ist allerdings die Rubrik „Schülerblog des Monats“: Markus Maksaynous (15) aus dem Billroth-Gymnasium in Wien-Döbling zeigt sich verwirrt, weil auf seinem Stammdatenblatt erstmals nicht die Muttersprache, sondern die „Alltagssprache“ auszufüllen ist. Markus irritiert: „Hää ?! Was ist eine Alltagssprache?“
Markus geht davon aus, dass diese „Alltagssprache“ mit der Muttersprache gleichgesetzt wird und ärgert sich sehr darüber: „Ein ‚durchschnittlicher‘ Tag sieht für mich so aus: Ein Tag hat 24 Stunden, davon schlafe ich neun. Also bleiben 15 Stunden übrig. Ich als normaler Schüler verbringe durchschnittlich sechs Stunden in der Schule. In diesen sechs Stunden höre und rede ich AUSSCHLIESSLICH Deutsch! Ich habe dann noch neun Stunden Freizeit. In dieser Zeit lerne ich, treffe ich mich mit Freunden und gehe Hobbys nach. Sprich ca. 4-5 Stunden bin ich außer Haus und rede dort wieder nur Deutsch. Daheim probiere ich mit meinen Eltern Deutsch zu reden, manchmal muss es auch Arabisch sein. Kurz zusammengefasst kann ich nur sagen: Meine Alltagssprache ist DEUTSCH, auch wenn meine Muttersprache Arabisch ist, darum sollte man die Alltagssprache nicht mit der Muttersprache gleichsetzen.“
"Alltagssprache" verwischt Migrantenanteil
Damit hat Markus zweifellos Recht, aber er weiß natürlich nicht, dass staatliche Institutionen solche Begriffe gerne gezielt einsetzen. Wenn man beispielsweise regionale ethnische Minderheiten auf dem Papier schwächen wollte, wechselte man bei Volkszählungen von der Muttersprache zur Umgangssprache. Dieses Kalkül steht vermutlich auch hier dahinter. Viele Schüler mit Migrationshintergrund werden natürlich Deutsch angeben, auch wenn sie es nicht annähernd so gut beherrschen wie Markus. Und Unterrichtsministerium und Wiener Stadtschulrat ziehen daraus auch ihren Nutzen: Abgesehen davon, dass die Alteingesessenen mit ihrem Gefühl des Verdrängtwerdens beruhigt werden, verfügt man über eine kommode Ausrede: Diese Klasse schneidet schrecklich ab? Hat nix mit Multikulti zu tun – sind ja mehrheitlich Deutschsprachige!