Nachdem der Schuldenschnitt Griechenlands inklusive des zweiten Hilfspakets nun umgesetzt wird, verabschiedet sich der amtierende sozialistische Finanzminister Evangelos Venizelos aus seinem Amt. Venizelos war im Juni 2011 vom damaligen Ministerpräsidenten und PASOK-Parteichef Giorgos Papandreou als Finanzminister in die Regierung geholt worden. Bereits im Zeitraum 1993 bis 2004 war er Inhaber zahlreicher Regierungsämter. 2009 bis 2011 war er dann Verteidigungsminister unter Papandreou. Venizelos' Rücktritt ist ein Vorbote des umfassenden politischen Personaltauschs, der Griechenland nach den Wahlen droht.
Venizelos soll Parteichef der sozialistischen PASOK werden
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Nach dem Rücktritt als Finanzminister soll Venizelos von Giorgos Papandreou die Führung der sozialistischen PASOK-Partei übernehmen. Die Wahl ist für den kommenden Sonntag angesetzt. Venizelos wird die PASOK auch als Spitzenkandidat in die Ende April oder Anfang Mai geplanten Parlamentswahlen führen. 2009 hatte die PASOK einen Stimmenanteil von 44 Prozent, aktuell geben ihr Umfragen lediglich 9 bis 15 Prozent. Aber auch die zweiten Regierungspartei Nea Demokratia unter Antonis Samaras kann nur auf einen relativ geringen Zuspruch hoffen und liegt derzeit bei rund 19 Prozent. Gewinner sind die Linksparteien Demokratische Linke mit 12 Prozent, Kommunisten mit 9,5 Prozent und Syriza mit 8,5 Prozent. Die rechte LAOS liegt bei 5 Prozent. Nach den jüngsten Umfragen hat die derzeitige „Große Koalition“ also keine Mehrheit mehr. Vielmehr zeichnet sich eine linke Mehrheit nach den Wahlen ab.
EU steht bald ohne Ansprechpartner da
Die aktuellen Umfragen bereiten auch der Europäischen Union zunehmend Kopfzerbrechen. Nach der Umsetzung des Schuldenschnitts und des 130 Milliarden-Euro-Hilfspakets könnte die EU nämlich sehr bald ohne einschätzbaren Partner in Athen dastehen. So werden sowohl der derzeitige Regierungschef Papademos als auch die aus allen Parteien gebildete Notstandsregierung nach den Wahlen Geschichte sein. Die aktuellen Gesprächs- und Vertragspartner sind dann nicht mehr im Amt. Eine zukünftige Regierung, die vermutlich aus Vertretern der Linkparteien bestehen wird, könnte getroffene Vereinbarungen wieder in Frage stellen. Damit würde dem Hilfspaket und dem erfolgten Schuldenschnitt die Geschäftsgrundlage entzogen werden. Weitere krisenhafte Entwicklungen zu Lasten der übrigen EU-Mitgliedsstaaten wären damit zu erwarten.