Kritisch sieht der ehemalige konservative US-Außenminister Henry Kissinger die Entwicklungen der „Arabellion“ anlässlich eines Besuchs in seiner ursprünglichen Heimat Deutschland. Kissinger, engster Vertrauter der republikanischen Präsidenten Richard Nixon und Gerald Ford, warnt vor einer Idealisierung des Arabischen Frühlings, wie sie durch westliche Medien und Politiker in den letzten eineinhalb Jahren betrieben worden ist. Angesichts der Machtübernahme der Muslimbrüder etwa in Ägypten und der zunehmenden Radikalisierung in der arabischen Welt, hält Kissinger eine demokratische Entwicklung nach westlichen Vorstellungen in ferne Zukunft gerückt.
Unverständnis für westliche Idealisierung der Arabellion
Gänzliches Unverständnis artikuliert Kissinger einmal mehr zur Begeisterung, die westliche Medien aber auch Politiker dem Machtwechsel in verschiedenen arabischen Ländern wie Libyen, Tunesien oder Ägypten entgegengebracht haben. Dass in manchen Regionen jetzt Parteien, die das Scharia-Recht umsetzen wollen, an die Macht gekommen sind, könne nicht im Sinne einer demokratischen Entwicklung liegen, die von einer Trennung von Religion und Staat ausgehe.
75 Prozent für Muslimbrüder in Ägypten verheißen für Kissinger nichts Gutes
Konkret spricht der Ex-Außenminister und erfahrene Außenpolitikexperte die Entwicklung beim bisherigen US-Verbündeten Ägypten an. Ägypten war nach dem Nahost-Friedensvertrag mit Israel Ende der siebziger Jahre zum engsten Vertrauten der USA in der gesamten arabischen Welt aufgestiegen. Durch den Sturz Mubaraks, der schlussendlich mit Duldung der USA 2011 erfolgte, ist ein weiterer gemeinsamer Weg zumindest in Frage gestellt. Durch den Wahlerfolg der Muslimbrüder bei Parlaments- und Präsidenschaftswahlen entwickelt sich hier ein neues Regime, das mit den USA aber auch Europa in keiner gemeinsamen Wertegemeinschaft ist. Dennoch plädiert Kissinger im Interesse beider Staaten für eine weitere Zusammenarbeit.