Das Nobelpreis-Komitee hat den diesjährigen Friedensnobelpreis der EU zuerkannt. Schließlich handle es sich bei der Europäischen Union, so die Begründung, um ein „erfolgreiches Friedensprojekt“. Das ist aber nur die eine Seite der Medaille, weil bei dieser Sichtweise die unzähligen Irrwege, welche die Europäische Union in den letzten Jahren und Jahrzehnten eingeschlagen hat, völlig ausgeblendet werden.
Kommentar von Andreas Mölzer
Insbesondere hat sich die real existierende Europäische Union meilenweit von der Idee eines europäischen Friedensprojektes entfernt. Im Gegenteil, vielmehr wird mit dem Brüsseler Vereinheitlichungs- und Zentralisierungswahn der Keim für kommende Konflikte gelegt. Denken wir nur an den Euro, der – wie die politischen Pseudo-Eliten bis heute behaupten – zu einem noch engeren Zusammenwachsen der europäischen Völker führen sollte. Geschehen ist nichts dergleichen, wie die Eurokrise uns vor Augen führt, statt dessen hat die europäische Einheitswährung zu ungeahnten Spannungen und neuem Hass geführt. Und wenn nicht rasch gegengesteuert wird, hat der Euro in seiner bestehenden Form das Potential, die EU zu sprengen.
Aber auch noch aus anderen Gründen ist die Entscheidung der honorigen Damen und Herren des Nobelpreis-Komitees höchst problematisch. Verbunden mit der Zentralisierung kommt es in der EU zu einem immer stärkeren Demokratieabbau, die nationalen Parlamente werden, wie das jüngste Beispiel des ESM zeigt, entmachtet, und überhaupt werden wichtige Entscheidungen traditionell hinter verschlossenen Türen unter Ausschluss der Bürger getroffen. Diese gehandhabte Praxis, dass eine selbstherrliche Politikerkaste nach eigenem Gutdünken entscheidet, passt eher zu einer Diktatur als zu einer „Wertegemeinschaft“, die die EU angeblich sein will. Aber vielleicht geht ja der Friedensnobelpreis 2013 an das Politbüro der Kommunistischen Partei Chinas.
Andreas Mölzer ist Mitglied des Europäischen Parlaments und Herausgeber des Wochenmagazins Zur Zeit.