Vor einem knappen Jahr befand sich die deutsche Piratenpartei im Höhenflug. Nach dem Einzug ins Berliner Stadtparlament im Oktober 2011 folgten Wahlsiege in Schleswig-Holstein, im Saarland und in Nordrhein-Westfalen. In Prognosen kamen die Piraten im vergangenen Jahr bundesweit auf bis zu 13 Prozent. Jetzt scheint sich dieser Höhenflug ins Gegenteil umzukehren. Überall in der jungen Partei brechen Konflikte auf. Die potentiellen Wähler bestrafen dies mit Liebesentzug. Gegenwärtig ist nicht einmal das Überspringen der Fünf-Prozent-Hürde bei den Bundestagswahlen 2013 realistisch.
Parteichef Schlömer ist Fehlbesetzung
Parteichef Bernd Schlömer hat sich als Fehlbesetzung erwiesen. Der erst seit Ende April 2012 im Amt befindliche Oberpirat kann sich in der basisdemokratischen Partei nicht durchsetzen. Beim Parteitag mit nur knapp 67 Prozent gewählt, hat er den Außenauftritt der Partei nicht im Griff. Vor allem Geschäftsführer Johannes Ponader und Parteivize Markus Barenhoff machen dem Obmann Schwierigkeiten. Ponader verschreckte potentielle Wähler mit der öffentlichen Diskussion über seinen Mehrfachliebesbeziehungen. Barenhoff wurde der Besitz von Marihuana nachgewiesen. Schlömers Kommentar laut Nachrichtenmagazin Spiegel: „Einige sagen, ich soll mehr auf den Tisch hauen. Andere meinen, ich solle mich zurückhalten“. Schlömers Vorgänger und jetziger Stellvertreter Sebastian Nerz gibt sich frustriert: “Unser größtes Problem ist, dass wir es nicht schaffen, außer persönlichen Skandalen irgendetwas zu kommunizieren.“
Niedersachsen ist Bewährungsprobe für Piraten
Für die Piratenpartei wird jedenfalls die Landtagswahl in Niedersachsen im Jänner 2013 zum Test für die Zukunftsfähigkeit dieser Gruppierung. In den vergangenen Wochen tobte ein Kampf um die Listenplätze, es kam zu insgesamt drei Landesparteitagen, da die ersten beiden wiederholt werden mussten. Die Landeswahlleitung in Hannover prüft, ob es zu Rechtsverstößen gekommen ist. In den Umfragen stürzten die Piraten jedenfalls auf vier Prozent ab.