Ein ungewöhnliches Ergebnis hat der zweite BAWAG-Prozess gebracht. Wolfgang Flöttl und fünf der sechs anderen Angeklagten wurden freigesprochen. Nur der ehemalige BAWAG-Aufsichtsratspräsident und ÖGB-Finanzchef Günther Weninger wurde zu einem Monat bedingt verurteilt. Neben Flöttl dürfen auch Ex-BAWAG-Generalsekretär Peter Nakowitz, die früheren BAWAG-Bankvorstände Hubert Kreuch, Josef Schwarzecker und Christian Büttner sowie Wirtschaftsprüfer Robert Reiter unbescholten nach Hause gehen. Der zuständige Richter Christian Böhm rechtfertigte die Freisprüche mit dem mangelnden Schädigungsvorsatz der Angeklagten.
Für die österreichische Justiz sind laut Urteil nur Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner und dessen Nachfolger an der Bankspitze, Johann Zwettler, die wahren Schuldigen. Elsner war im ersten BAWAG-Verfahren rechtskräftig zu zehn Jahren Haft verurteilt worden, Zwettler zu fünf. Elsner hat viereinhalb Jahre bereits abgesessen, Zwettler ist aus gesundheitlichen Gründen haftunfähig.
Justiz rechtfertigt Flöttls Spekulationen zu Lasten der BAWAG
Die Staatsanwaltschaft Wien, an der Spitze die zuständige Staatsanwältin Sonja Herbst, hatte allen Angeklagten Untreue gegenüber der BAWAG durch hochriskante Spekulationen vorgeworfen. Diese Spekulationen seien durch das BAWAG-Management durchgeführt bzw. ermöglicht worden. Gleichzeitig habe man versucht, die Verluste zu verstecken. Richter Böhm sah keine Rechtsgrundlage für eine Verurteilung von Flöttl und Co: „Es gibt keine Rechtspflicht eines international tätigen Investmentbankers, wie Flöttl, die Einhaltung der Großveranlagungsgrenze der BAWAG zu kontrollieren“.