Ganz neue Töne in Richtung Europäischer Union und Europolitik schlägt der Österreichische Cartellverbands (ÖCV), der Dachverband der katholischen Studentenverbindungen, an. Seit den Tagen von ÖVP-Vizekanzler und Cartellbruder Alois Mock Mitte der neunziger Jahre war der ÖCV innerhalb des christdemokratischen Lagers immer an der Spitze der EU-Befürworter „ohne Wenn und Aber“ gewesen. In der aktuellen Ausgabe der Verbandszeitschrift Academia vom Dezember 2012 liest man von Herausgeber Herbert Kaspar Neues zum Thema EU. Unter dem Titel „Die tägliche Europa-Lüge“ geht der Verband auch deutlich auf Distanz zu seinem Cartellbruder, Außenminister und ÖVP-Bundesparteiobmann Michael Spindelegger.
Anknüpfungspunkt für den Kommentar von Academia-Herausgeber Kaspar ist die Verleihung des Friedensnobelpreises an die Europäische Union:
Die EU erhält also den Friedensnobelpreis. Es gibt ja auch keine Sonntagsrede, in der die EU nicht als größte Friedensstifterin Europas gefeiert wird. Und alle, die sich diesem uneingeschränkten Jubel nicht anschließen wollen, werden sofort als Spielverderber oder Schlimmeres denunziert. Dennoch kann diese Verlogenheit und Verfälschung geschichtlicher Wahrheiten nicht widerspruchslos hingenommen werden.
Angela Merkels Euro-Politik „dumm und falsch zugleich“
Auch zur Euro-Politik der deutschen Kanzlerin Angela Merkel und der Aufgabe von Souveränitätsrechten zu Gunsten der EU fällt Kaspar wenig Schmeichelhaftes ein:
Scheitert der Euro, dann scheitert Europa, meinte etwa Angela Merkel im September 2011; das ist dumm und falsch zugleich, dennoch darf die Staatschefin der größten Volkswirtschaft Europas, die mit ihrer Finanzkraft die Eurozone am Leben hält, diesen Unsinn immer wieder unwidersprochen behaupten.
Ohne das Volk zu informieren geschweige den zu fragen, werden scheibchenweise Souveränitätsrechte (vor allem im Bereich der Budgethoheit) abgetreten in Richtung eines EU-Bundesstaates; auch an einer zentralistischen Bankenunion wird bereits gebastelt, was bedeuten würde, dass österreichische Sparer und Banken für verantwortungslose Finanzabenteuer in jedem beliebigen Euroland haften müssten.