Anfang Mai will die EU-Kommission den Entwurf für eine neue Saatgut-Richtlinie vorlegen, wobei es dem Vernehmen nach alten Sorten an den Kragen gehen soll. Was bei den Bürgern völlig zu Recht für einen Aufschrei gesorgt hat, zeigt einmal mehr, was in der EU alles schiefläuft: Einerseits mischt sich die Eurokratie in alle möglichen Angelegenheit ein, und diesmal ist der höchst sensible Bereich der Nahrungsmittelsicherheit vom Brüsseler Vereinheitlichungs- und Regulierungswahn betroffen.
Kommentar von Andreas Mölzer
Dass Vielfalt für Brüssel nichts zählt, kennen wir übrigens auch aus anderen Bereichen, etwa dem Vorhaben, die EU in einen zentralistischen Bundesstaat umzuwandeln und die historisch gewachsenen Völker durch einen europäischen Einheitsmenschen zu ersetzen. Oder anders ausgedrückt: Geht es nach der EU-Zentralbürokratie, sind sowohl in der Natur als auch im Bereich der Staaten und der Völker Monokulturen der erstrebenswerte Zustand.
Anderseits sind die Saatgut-Pläne der Kommission maßgeschneidert auf die kommerziellen Interessen internationaler Agrarkonzerne. Es stehen also nicht die Versorgung der Menschen mit qualitativ hochwertigen Lebensmitteln oder die kleinen Landwirte, wie sie gerade in Österreich häufig anzutreffen sind, im Mittelpunkt, sondern die Wünsche und Vorgaben der Agrarindustrie.
Andreas Mölzer ist Mitglied des Europäischen Parlaments und Herausgeber des Wochenmagazins Zur Zeit.