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Für die Ordnungsmäßigkeit der Gemeinderatswahl bleibt zu hoffen, dass diese Kuh keinen Meldezettel in Waidhofen hat und dadurch auch ihre Stimme nicht abgeben kann.

22. Dezember 2016 / 08:30 Uhr

Ausgerechnet in der Heimatstadt von Innenminister Sobotka ist von Wahlmanipulation die Rede

Der Verfassungsgerichtshof hat ja schon bei der Bundespräsidentenwahl festgestellt, dass es bei der Stimmabgabe nicht immer mit rechten Dingen zugeht. In zig Gemeinden, wie in Hohenems oder Bludenz, musste der Bürgermeister zweimal gewählt werden, weil offenbar geschummelt wurde.

Jetzt deckte die FPÖ in Waidhofen an der Ybbs in Niederösterreich eine versuchte Wahlmanipulation auf: Zweitwohnsitzer wurden sogar im Rathaus angemeldet, um die Gemeinderatswahl am 29. Jänner unberechtigt zu beeinflussen.

ÖVP regiert mit Bürgerliste

Bürgermeister in Waidhofen an der Ybbs ist Werner Krammer von der ÖVP. Die Schwarzen konnten bei der vergangenen Wahl vor fünf Jahren 20 Mandate erreichen und regieren zusammen mit einer Bürgerliste, mit der es ein Arbeitsübereinkommen gibt. Jetzt wird offensichtlich alles getan, um wieder die Mehrheit einzufahren. Da kommen Zweitwohnsitzer gerade recht, die plötzlich einen Wohnsitz in der Musikschule, bei Parteifreunden oder vielleicht sogar im Pflegeheim haben.

Sohn des Innenministers aus Wählerverzeichnis gestrichen

FPÖ-Gemeinderat Karl-Heinz Knoll hat sich die Tricks mit den Zweitwohnsitzern nun einmal genauer angeschaut. Was dabei herauskam, kann – ohne Übertreibung – wohl mit dem Wort "Skandal" betitelt werden. Knoll nahm sich einen einzigen Wahlsprengel vor, nämlich die Innenstadt von Waidhofen an der Ybbs, wo er 154 Beeinspruchungen machte. Und siehe da: In 94 Fällen bekam er Recht. Diese Personen wurden aus dem Wählerverzeichnis gestrichen, darunter – und das ist besonders pikant – auch einer der Söhne von Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP).

Drei Personen haben Wohnsitz im Rathaus

Dem nicht genug, wurden auch noch drei Personen ausgeforscht, die – Frechheit siegt – im Rathaus angemeldet sind. Zwar nicht beim Haupteingang am Oberen Stadtplatz 28, sondern beim Hintereingang am Freisingerberg 4. Offenbar handelt es sich dabei um Scheinwohnsitze, die zugunsten einer Partei eingerichtet wurden. So also geht es bei Wahlen in Österreich zu. Da braucht man sich nicht zu wundern, wie manche Wahlergebnisse zustande kommen.

Einspruch muss gegen jeden einzelnen erhoben werden

Karl-Heinz Knoll von der FPÖ vermutet wohl zurecht, dass er auch bei den anderen Zweitwohnsitzern in anderen Sprengeln ähnliche Streichungserfolge gefeiert hätte wie in der Innenstadt. Insgesamt gibt es in der 12.000-Einwohner-Stadt Waidhofen an der Ybbs 1460 Personen mit Nebenwohnsitzen.

"Das Problem ist, dass gegen jeden einzelnen Einspruch erhoben werden muss", so Knoll gegenüber Unzensuriert.at. Das ging sich innerhalb der Fristen aber nicht aus. Außerdem wären die Magistratsmitarbeiter nicht sehr erfreut, wenn sie sich diese Arbeit antun müssten. Durch den Einspruch von Knoll im Wahlsprengel Innenstadt hätten die Beamten auch am 8. Dezember arbeiten müssen.

Antrag der Freiheitlichen im Land wird nicht behandelt

Jedenfalls bestehe bezüglich Zweitwohnsitz-Wahlrecht in Niederösterreich dringend Handlungsbedarf, sagt Karl-Heinz Knoll. Ein entsprechender Antrag der Freiheitlichen werde im Land aber nicht behandelt.

Der Magistratsdirektor von Waidhofen an der Ybbs, Christian Schneider, will von Wahlmanipulation nichts wissen. Aus Sicht der Behörde, so berichtet orf.at, ist es nicht gerechtfertigt, wenn pauschal von einer Scheinmeldung zum Zweck der Ausübung des Wahlrechts gesprochen wird, erklärt Schneider. Er sehe systembedingte Unschärfen, jedoch keine Wahlmanipulation.

147 Prozent Wahlbeteiligung bei Bundespräsidentenwahl

Das sieht Karl-Heinz Knoll anders und fordert den Gesetzgeber auf, dringend eine Wahlrechtsreform durchzuführen. Personen mit Nebenwohnsitzen dürfen übrigens nur in Niederösterreich und im Burgenland ihre Stimme abgeben.

Waidhofen an der Ybbs ist zudem schon einmal wegen Unregelmäßigkeiten aufgefallen: Bei der Bundespräsidenten-Stichwahl gab es – angeblich wegen eines Eingabefehlers durch die Landeswahlbehörde – 147 Prozent Wahlbeteiligung.

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