Der Iran ist heutzutage vorwiegend islamisch geprägt. 98 Prozent der Einwohner sind Moslems. Etwa zwei Drittel der zwei Prozent Nicht-Moslems sind Christen, Juden, Baha’i oder andere. Das letzte Drittel teilen sich persische Ur-Religionen wie Jesiden, Mandeisten, Yarsanisten und Zoroastrier. Derzeit machen die Anhänger Zarathustras, die Zoroastrier, etwa ein 150stel der iranischen Bevölkerung aus, Tendenz sinkend.
Einst eine der Hauptreligionen der Perser
Der Zoroastrisumus entstand vor etwa 3500 bis 2500 Jahren aus seinen Vorgängerreligionen, zum Beispiel dem Mithraskult. Zur Zeit der Griechischen Stadtstaaten und bereits in den Anfängen des Römischen Reiches war der Zoroastrismus eine der Hauptreligionen im persischen Raum. So war zum Beispiel Xerxes der I. Zoroastrier. Xerxes I. ist bekannt aus der Sage um die Schlacht um Marathon und der persischen Kriege.
“Also sprach Zarathustra”
Über den Gründer dieser Religion, Zarathustra, ist wenig Genaues bekannt. Unsicher ist vor allem, wann genau zwischen 1800 und 600 vor Christus er lebte. Die Ungewissheit um Zarathustras Lebensumstände erlaubten Friedrich Nietzsche viel Raum für Deutung. Aus seiner Abneigung gegen das Christentum erschuf Friedrich Nietzsche sein Werk “Also sprach Zarathustra”. Richard Strauss war ebenfalls dem Christentum abgeneigt und benannte daher seine Symphonie nach Nietzsches Werk. Eine eingehendere Beschäftigung mit den Lehren Zarathustras sucht der Leser, der sich selbst mit Zarathustras Lehre beschäftigte, bei Friedrich Nietzsche vergebens.
Leicht verständliche, humanistische Glaubensinhalte
Der Inhalt von Friedrich Nietzsches Zarathustra hat vermutlich mehr Literaturwissenschaftler und Philosophen als Hobbyleser beschäftigt. Während Nietzsches Lebenswerk im Allgemeinen im Regal schwere Lektüre einzuordnen ist, sind die Glaubensinhalte des Zoroastrismus für den einfachen Menschen leicht verständlich und durchaus von einer humanistischen und zuversichtlichen Grundhaltung.
Monotheismus
Der Zoroastrismus ist eine monotheistische Religion, deren Gott Ahura Mazda (“weiser Herr”) genannt wird. Ähnlich wie im Christen- und Judentum gibt es Erzengel. Ebenso warten die Anhänger Zarathustras auf Erlöser, und zwar auf genau drei. Die Erlöser heißen Saoschjant. Jeder Saoschjant soll von einer Jungfrau geboren werden, wobei jede dieser Jungfrauen beim Baden in einem See schwanger werden soll. Ein Einfluss auf die christliche, jüdische und islamische Glaubensvorstellung an einen Erlöser oder letztgültigen Propheten liegt auf der Hand und wird von diversen Historikern nicht völlig abgestritten.
Schöpfungslehre
Die Schöpfungslehre besagt, dass Ahura Mazda zunächst Lebewesen und dann Urmenschen erschuf. Somit widerspricht die Lehre Zarathustras weniger der Evolutionstheorie als andere monotheistische Religionen.
Sinn des Lebens und moralische Lehre im Diesseits
Der Sinn des Daseins in der Welt ist, sich dem Kampf des Guten gegen das Böse zu stellen. Ein Mensch kämpft in sich mit dem Guten und den Bösen. Er kann im Diesseits die Oberhand im Guten gewinnen oder dem Bösen anheimfallen.
Ein Mensch kann seinem Herrn Ahura Mazda durch gutes Denken, gutes Reden, gutes Handeln gerecht werden. Zum guten Reden gehört das Vermeiden von Lügen. Gemäß Herodot gehörte die Lüge zur größten Schande unter den antiken Persern. Herodot berichtet, dass die Perser vermieden, sich zu verschulden. Die antiken Perser glaubten, dass Schuldner leicht in Verlegenheit kommen könnten, die Unwahrheit zu sagen.
Umgang mit den Verstorbenen
In vorislamischer Zeit pflegten Zoroastrier die sogenannte Luftbestattung, wie sie heute noch bei den Tibetern üblich ist. Zu diesem Zweck werden die sterblichen Überreste der Verstorbenen in einen Turm verbracht, der nur nach oben offen ist. Himmelsbewohner, insbesondere Vögel, sollen Zugang zum Verstorbenen haben. Bodentieren wie Wölfen und sonstigen bodenlebenden Aasfressern hingegen bleibt der Zugang zu den Leichen durch die Bestattung im Turm verwehrt. Dass Leichenteile von Raubtieren gefressen werden, ist von Seiten der Zoroastrier erwünscht. Für Mitglieder anderer Religionen wie Hindus, Moslems und Atheisten ist ein Rabe mit einem verrottenden Finger im Schnabel dann und wann ein Ärgernis.
Ein interessantes Video zur derzeitigen Lage der Zoroastrier findet sich hier:
Niedergang der Religon
Es würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, alle Einzelheiten und positiven Aspekte des Glaubens an Ahura Mazda darzulegen. Der interessierte Unzensuriert-Leser wird mit Hilfe von Google auf ausreichende und interessante Informationen zu diesem Thema stoßen. Der Iran ist reich an interessanten archäologischen Stätten und Ruinen, die vergebens als stumme Zeugen einer längst vergangenen glorreichen Zeit vorislamischer Religionen einsam in der Wüste auf Besucher warten.
Angesichts der Einsamkeit und der seltenen Besuche, die altertümliche Tempel im Iran heute erfahren, kann jeder Leser selbst Folgendes beurteilen: Wie nützlich ist ein Glaube, der ein Volk nicht davor schützen kann, einer Gehirnwäsche anheim zu fallen, die sämtliches Wissen um die Religion der Vorfahren auslöscht?
Einführung des Islam als Wendepunkt
Um 650 bis 700 wurde auch im Gebiet der persischen Reiche mit mehr oder weniger Frieden und Toleranz der Islam eingeführt. Die Taktiken des Islam unterschieden sich damals nicht von heute. Teils durch offenen Krieg, teils durch Geburtendschihad, teils durch mehr oder weniger offen ausgelebte Gewalt wurde der für seine rigorose Ehrlichkeit bekannte Zoroastrismus verdrängt. Aufgrund der Tatsache, dass die Religion monotheistisch war und über heilige Bücher verfügte, hatte sie zumindest unter einem Teil der islamischen Gelehrten ein Existenzrecht als Buchreligion. Je nach Radikalität wurde den Zoroastriern von Zeit zu Zeit auch dieser Status aberkannt, da der Zoroastrismus keine abrahamitische Religion ist.
Natürlich wird nicht jeden Freitag geköpft. Somit erklärt sich auch, dass die iranischen Zoroaster heute nicht völlig ausgerottet sind und ein einsames Dasein fristen wie Indianer in Reservaten. Zu einem geringen Teil sind Zoroastrier auch selbst an ihrem eigenen Niedergang schuld, da es zumindest unter konservativen Zoroastriern üblich ist, nur innerhalb ihrer Religionsgemeinschaft zu heiraten. Somit erklärt sich auch, dass die Religion in Ihrem Exil in Indien weiter unter Mitgliederschwund leidet.
Friedliche Ideale schützen nicht vor Gewalt
Toleranz, ein gutes Menschenbild, guter Umgang mit der Natur und eine nicht aggressive Geisteshaltung schützen nicht vor Feinden. Ideale alleine sind keine Garantie dafür, dass andere diese Ideale annehmen und einem gewalttätigen Weltbild vorziehen. Man kann den Zoroastriern kein Gutmenschentum vorwerfen. Die islamische Eroberung wurde aktiv bekämpft und Araber schon gar nicht in Persien willkommen geheißen. Zusätzlich warf Yazegard III., der letzte Zoroastrier unter Persiens Herrschern, den Arabern Ignoranz vor. Seiner Meinung nach versuchten die Araber nämlich, die Perser vom Glauben an den einen Gott zu überzeugen, obwohl sie längst Monotheisten waren.
Dennoch scheiterte der Kampf der Zoroastrier gegen den Islam. Damit sind wir bei der heutigen traurigen Situation angelangt, in der Zoroastrier eine bedeutungslose Minderheit im Iran darstellen. Ein Schicksal, das auch unseren Kindeskindern blüht, wenn wir nicht aus den Fehlern anderer Kulturen lernen.
Nischenreligion für Freigeister
Auch für Freigeister nach Friedrich Nietzsche und Richard Strauss übt der Zoroastrismus gelegentlich heute noch Faszination aus. So war zum Beispiel Freddie Mercury, der verstorbene weltberühmte Sänger der Band Queen, bekennender Anhänger Zarathustras. Da und dort gibt es Vereine mit einer Hand voll Mitglieder, die den Zoroastrismus mehr oder weniger ernst betreiben. Deren freigeistliche Einstellung ist natürlich zu schätzen. Für jemanden, der sich für den Zoroastrismus interessiert, ergibt sich eine große Welt reich an Gedichten und interessanter Philosophie. Natürlich ist Zarathustras Lehre eine kulturelle Bereicherung für Altertumsforscher. Als ernstzunehmender Widerstand gegen radikale Schlächter erwiesen sich Zarathustras Erben zumindest seit dem Jahr 700 nicht.
Preisfrage an Islam-Freunde
Ob der Islam die alten Reiche Baktrien, Armenien, Babylonien, Assyrien, Parthien und Ägypten mit mehr bereicherte als mit religiösem Fundamentalismus, Terror, Gewalt gegen Frauen und Andersdenkende, können uns Schreiber von Standard, Falter und Kurier in Leserbriefen oder im Kommentarbereich gerne erklären.