Eine Auflösung der gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaften, welche die Pläne der SPÖ mit sich bringen könnten, wäre eine Katastrophe am Wohnungsmarkt.

1. April 2017 / 18:23 Uhr

HC Strache warnt: SPÖ will eineinhalb Millionen Genossenschaftsmieter an Finanzwelt ausliefern

Für unzählige Genossenschaftsmieter könnten bald bittere Zeiten anbrechen. Christian Kern und seine Genossen planen offenkundig die schrittweise Demontage von Wohnbaugenossenschaften: Eine geplante Gesetzesänderung sorgt für Aufregung. Wiener Städtische Versicherung und Raiffeisen Bank würden zu den großen Gewinnern zählen. HC Strache und die FPÖ stehen auf der Seite der Bewohner.

Genossenschaften stellen rund 600.000 Wohnungen

Rund 600.000 Mietwohnungen werden von Österreichs Wohnbaugenossenschaften zur Verfügung gestellt. Es besteht gewiss Reformbedarf, aber für die Wohnversorgung der Österreicher ist der gemeinnützige Wohnbau verdienstvoll und nicht wegzudenken. SPÖ-Bundeskanzler Christian Kern und seine Partei planen jetzt aber gravierende Veränderungen im Genossenschaftsbereich.

Die Finanzwelt solle demnach motiviert werden, stärker in den gemeinnützigen Wohnbau zu investieren. So heißt es im "Plan A":

Im Moment können institutionelle Anleger (wie Versicherungen) allerdings nur sehr eingeschränkt in gemeinnützige Wohnbautra?ger investieren, da solche Anteile nur eingeschränkt handelbar sind. Durch entsprechende Anpassungen ko?nnte die Investition in gemeinnützige Wohnbautra?ger für institutionelle Anleger deutlich interessanter werden.

Ein scheinbar unbedeutender Satz – der aber für massive Probleme am Wohnungsmarkt sorgen könnte. Besonders bedenklich ist, dass die Forderung Eingang in das aktuelle Regierungsprogramm gefunden hat. Doch was steckt hinter dem Entwurf?

Versicherungen, Banken und Josef Ostermayer

Martin Orner, Sozialdemokrat und Vorstand der gemeinnützigen EBG, enthüllt via Facebook brisante Zusammenhänge:

Klingt gut, ist es aber nicht. Hintergrund dieser Forderung: Die Wiener Städtische Versicherung ist (über verschachtelte Beteiligungen) Mehrheitseigentümerin der Sozialbau-Gruppe (…). Die Formulierung im ‚Plan A’ soll Folgendes verschleiern: Die Wr. Städtische ist – und das ist kein Geheimnis – unzufrieden mit der beschränkten Gewinnausschüttung, ihre Aktionäre würden gerne die in der Sozialbau erzielten Gewinne abschöpfen und einstecken. (…) Man hat dazugelernt, die Versicherung hat einen ehemaligen Bundeskanzler in dieser Angelegenheit als Lobbyisten engagiert, dessen ehemaliger Staatssekretär ist übrigens gerade in den Vorstand der Sozialbau eingezogen.

Mit seiner Kritik ist Orner innerhalb des sozialdemokratischen Umfeldes nicht alleine: Manfred Hochhauser, SPÖ-naher Vorstandsvorsitzender der Welser Heimstätte, erklärte schriftlich, dass er nicht verstehen könne, warum man vorhabe, die soziale Wohnungswirtschaft „unkommentiert, emotionslos und sehenden Auges ersaufen zu lassen.“

Warnungen von Experten werden in den Wind geschlagen

Auch Warnungen von höchsten Branchenvertretern wie Karl Wurm und Herwig Pernsteiner werden seitens des Bundeskanzlers offenkundig in den Wind geschlagen. Wiener Städtische und Raiffeisen – die auch über umfangreiche Beteiligungen im gemeinnützigen Wohnbau verfügt – werden sich darüber freuen. Die Änderung würde es den bisherigen Eigentümern erlauben, auf in Summe mehr als elf Milliarden Euro an Rücklagen zugreifen zu können. Bisher ist das verboten.

Für Österreichs mindestens eineinhalb Millionen Genossenschaftsmieter besteht Grund zur Sorge: Wenn die geplante Gesetzesänderung kommt, dann könnte dies aus rechtlichen Gründen den Zerfall aller Wohnbaugenossenschaften mit sich bringen.

FPÖ unterstützt eineinhalb Millionen Genossenschaftsmieter

„SPÖ-Kanzler Christian Kern will die mindestens eineinhalb Millionen Bewohner jetzt an die Finanzindustrie ausliefern. Was hier im ‚Plan A‘ und dem neuen Regierungsprogramm gefordert wird, würde zu einer Katastrophe am Wohnungsmarkt führen und direkt die Schwächsten unserer Gesellschaft treffen“, stellt sich FPÖ-Bundesparteiobmann HC Strache auf die Seite der Bewohner. Für die FPÖ ist es ausgeschlossen, dass Banken und Versicherungen Zugang zu den viele Milliarden Euro umfassenden Rücklagen gemeinnütziger Bauvereinigungen bekommen. „Was wir hier erleben, ist echter Neoliberalismus. Offenkundig möchte Christian Kern den Weg Margaret Thatchers gehen und das Sozialwohnungswesen schrittweise demontieren“, attackiert Strache den Bundeskanzler.

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